Bayern 2 - Notizbuch


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Lebenszufriedenheit Geht's jetzt bergab? Krise in der Lebensmitte

Mitte der 1960er Jahre beschrieben amerikanische Psychoanalytiker erstmals den Begriff "Midlife-Crisis", und benannten damit die Folgen der narzisstischen Kränkung, die man erfährt, wenn man plötzlich mitten im Leben mit beginnenden Grenzen konfrontiert ist. Eine Midlife-Crisis kann mehr oder weniger harmlose Grübeleien auslösen, zu äußeren Veränderungen führen wie Haare färben oder sich liften lassen, bis hin zu einer ausgeprägten Depression.

Von: Beate Beheim-Schwarzbach

Stand: 16.02.2015

Schatten rauft sich die Haare, Lebenskrise, Midlifecrisis | Bild: picture-alliance/dpa

Wie steht es um die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben?

Wann genau, warum und wie stark jemand von der Midlife-Crisis gepackt wird, das variiert enorm. Denn zwischen 40 und 50 hat der eine gar keine Kinder, ein anderer bereits schon eigene Enkel. Und beruflich haben die Einen längst das erreicht, was sie sich vorgenommen hatten, andere steigen erst in einen neuen Beruf ein. Das alles beeinflusst die individuelle Lebenszufriedenheit.

"Eine Beschreibung wäre: Das ist eine Phase besonderer Herausforderungen, wenn in der Altersspanne plus, minus 40, 50 Menschen mit der Wahrnehmung konfrontiert sind, dass das Leben endlich ist, und dass sie an bestimmte Grenzen stoßen und sie sich damit auseinander setzen müssen."

Prof. Peter Henningsen, Chefarzt für Psychosomatik

Bei diesen Grenzen kann es sich um beginnende körperliche Grenzen handeln, man braucht unwiderruflich eine Brille, immer öfter zieht es im Rücken. Oder es sind Grenzen des beruflichen Aufstiegs. Generell beginnt man immer öfter das eigene Leben Revue passieren zu lassen und sich zu fragen, was kommt noch, was ist definitiv nicht mehr möglich.

"Mit vierzig hatte ich zwar beruflich erreicht, was ich wollte, nicht aber meine privaten Ziele: Ich hatte keine Familie, keine eigenen Kinder. Und das hat mir dann doch schon zu denken gegeben - wird das noch was? Für mich war klar, entweder jetzt passiert in den nächsten Jahren was, oder irgendwann werde ich es mir abschminken."

Bernd Huber (50 Jahre)

Was ist noch drin im Leben?

Wem es gelingt, sich klar zu machen, was trotz der körperlichen, sozialen und sonstigen Grenzen noch möglich ist, der kann von einer steigenden Lebenszufriedenheit profitieren. Denn weltweite Untersuchungen zeigen, dass es eine U-Form des Lebenswohlbefindens gibt, dass es also in der Jugend und dann im Alter ein höheres Lebenszufriedenheitsgefühl gibt als in der Mitte des Lebens.

"Die Reise zu den Lofoten oder nach Bhutan, die steht noch an in meinem Hinterkopf, aber dass ich gesagt hätte, ich hätte doch einen anderen Beruf ausführen sollen oder ich hätte doch noch groß was anderes machen sollen - nee, das war nicht so. Ich bin eigentlich zufrieden mit meinem Leben. Und ich glaube, die Leute, die damit zufrieden sind, die haben es auch nicht so schwer. Auch die Männer nicht, glaube ich."

Anne Schwarz (66 Jahre)

Midlife-Crisis und Wechseljahre

Da Frauen im typischen Midlife-Crisis Alter oft in die Wechseljahre kommen und sich mit hormonellen Veränderungen auseinandersetzen müssen, wird ihnen ganz klar vor Augen geführt, dass sie in eine andere Lebensphase eintreten. Männer erleben diese biologische Veränderung so nicht und können sich deswegen viel eher über die Grenze hinweg täuschen.

"Die Behauptung, dass es auch männliche Wechseljahre mit verändertem Testosteron-Spiegel gibt, hält wissenschaftlich nicht stand. In den USA ist das ein Riesen Pharmamarkt, weil da den Männern eingeredet wird, sie müssen ab Mitte vierzig Testosteron spritzen, wissenschaftlich unhaltbar."

 Prof. Peter Henningsen, Chefarzt für Psychosomatik


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