Verkrampfte Hände Neue Enzymbehandlung bei Dupuytrenscher Erkrankung
Tippen am Computer, Klavier spielen oder einfach nur Hände waschen – all das wird im Laufe der Dupuytrenschen Erkrankung immer schwieriger. Denn die Patienten können ihre Finger kaum noch strecken. Die Erkrankung schreitet langsam voran: Aus kleinen Knoten in der Handfläche entwickelt sich im Lauf von Monaten und Jahren ein Strang, der sich in Finger und Handfläche zieht. Am Ende lassen sich die Finger nicht mehr strecken.
Morbus Dupuytren ist bislang nicht heilbar. Man kann sie nur behandeln, so dass der Verlauf aufgehalten wird und die Patienten ihre Hand besser benutzen können. Patienten wie Ärzte hoffen derzeit auf den Erfolg einer neuen Methode - die Kollagenase, bei der ein Enzym in den Strang gespritzt wird. Die neue Behandlung wird am Nürnberger Klinikum im Rahmen einer europäischen Studie getestet.
Die Wirkung der Enzymbehandlung
Erbliche Veranlagung
In Deutschland sind fast zwei Millionen Menschen von der Dupuytrenschen Erkrankung betroffen. Sie nimmt im Alter zu, so dass fast ein Drittel der über 70-Jährigen unter der Verkrümmung der Finger leidet. Die Ursache ist vermutlich eine erbliche Veranlagung, kombiniert mit einem Auslöser wie beispielsweise einer Verletzung an der Hand.
Bei der Kollagenase-Behandlung werden Enzyme in den betroffenen Strang in der Hand gespritzt, durch die der betreffende Finger verkrümmt. Durch die Enzyme wird der Strang soweit aufgelöst, dass er von dem behandelnden Arzt manuell zerrissen werden kann. Das Einspritzen empfinden manche Patienten als unangenehm. Die Behandlung ist mit einer Schienentherapie gekoppelt. Dazu tragen die Patienten nachts eine Art Handschuh, der die Finger so stark streckt wie es noch erträglich ist. Das soll die Wirkung der Enzymbehandlung verstärken.
"Die Wirkung des Medikaments setzt zwar unmittelbar ein, aber man kann die Wirkung noch nicht sofort umsetzen in eine Befreiung der Finger, sondern man muss 24 Stunden warten. Und für die allermeisten Patienten kann man dann beobachten, dass man – in dem Moment – wo man den erkrankten Finger vorsichtig streckt, eine Zerreißung des Strangs eintritt und der Finger befreit ist."
Prof. Bert Reichert, Chefarzt für plastische und wiederherstellende Chirurgie und Handchirurgie am Nürnberger Klinikum
Nürnberger Klinikum ist eines von fünf Teilnehmern der Studie
Die Kosten der Enzymbehandlung werden weitestgehend von den Krankenkassen übernommen – wie beispielsweise über 1.000 Euro für eine Enzym-Spritze. Das Medikament mit dem Produktnamen Xiapex ist seit vergangenem Jahr in Europa zugelassen, so dass die Studie zur Wirksamkeit im Dezember begonnen hat. In Europa nehmen fünf Medizinische Zentren an der Studie teil. Eines davon ist das Nürnberger Klinikum, wo bislang ein Dutzend Patienten damit behandelt wurde. Doch bis die sogenannte Kollagenase-Injektion allgemein verfügbar sein wird, dauert es noch einige Zeit. Schließlich müssen die Ärzte noch entsprechend ausgebildet werden.
"In den USA gibt es einen Vorsprung von einem Jahr und dort gab es die ersten Zulassungsstudien noch eher und wir blicken dort auf drei Jahre zurück und wir können jetzt beobachten wie deren Ergebnisse sind. Das ist nicht repräsentativ, weil es eine kleine Zahl ist und man wusste, dass es Patienten sind, bei denen es Erfolg hat. Spannend ist natürlich wie es sich verhält, wenn man den Durchschnitt behandelt und wie verhält es sich dann – das wissen wir noch nicht genau."
Prof. Bert Reichert, Chefarzt für plastische und wiederherstellende Chirurgie und Handchirurgie am Nürnberger Klinikum
Neue Behandlungsmethode ohne Erfolgsgarantie
Bisherige Behandlung
Ärzte und Patienten hoffen, dass der Erfolg die Kollagenase länger anhält als die der Nadelfasziotomie: Bei dieser Behandlungsmethode werden die Dupuytren-Stränge mit Nadelstichen so weit geschwächt, dass sie ebenfalls manuell zerrissen werden können. Die Methode wird ebenso wie die Kollagenase ambulant und mit örtlicher Betäubung durchgeführt. In einem sehr frühen Stadium von Morbus Dupuytren kann auch eine Strahlentherapie helfen. Aber es gibt auch Patienten, denen nur eine Operation helfen kann.
Klar ist: Auch bei der neuen Enzymbehandlung gibt es keine Erfolgsgarantie. Die Behandlung fällt je nach Vorbelastung unterschiedlich aus und auch hier können Komplikationen auftreten. Es wird also auch weiterhin Patienten geben, denen nur eine Operation helfen kann, weil die Anatomie ihrer Hand und der Stränge keine andere Behandlung zulässt. Doch ob Operation oder Nadel-Fasziotomie – beides ist nicht ganz gefahrlos und bedarf eines geübten Handchirurgen. Denn jede Hand hat einen anderen Bauplan, vor allem eine erkrankte Hand.