Irina Wanka liest Sofia Andruchowytsch: Die Geschichte von Romana
Bohdan ist zurück aus dem Krieg im Donbass - an sein Leben mit Romana erinnert er sich nicht. Sie kämpft um ihn und um seine Erinnerung. Oder um etwas anderes? Irina Wanka liest aus dem Amadoka-Epos der ukrainischen Schriftstellerin.
"Wissen Sie, was er mal zu mir gesagt hat? Die Psychiaterin kniff die Augen zusammen, als unterdrücke sie ein Lächeln. Ich zitiere. Er hat gesagt: Was ist, wenn ich mich an nichts erinnern will? Wenn ich dort, in der Vergangenheit, unglücklich war? Wenn ich ein schlechter Mensch war, ein Verbrecher, Vergewaltiger, Mörder? Was, wenn ich aus meinem Leben in den Krieg geflohen bin, um nie wieder dorthin zurückzukehren? Romana schüttelte energisch den Kopf."
Sofia Andruchowytsch
"Die Geschichte von Romana" ist der erste Teil von Sofia Andruchowytschs aufsehenerregender Amadoka-Trilogie. Die Kiewer Schriftstellerin erzählt in einem über mehrere Generationen ausgespannten Bogen, ausgehend von Romana, deren Mann verschollen ist. In einem versehrten und traumatisierten Soldaten, der aus dem Krieg im Donbass zurückkommt, glaubt sie ihn wiederzuerkennen. Sie kämpft um seine Erinnerung - und sie kämpft mit seiner und ihrer Geschichte, mit den furchtbaren Spuren, die Stalinismus, Hunger, Holocaust, Krieg in den Familien zurückgelassen haben.
In den radioTexten am Sonntag spricht Sofia Andruchowytsch mit Niels Beintker über ihre im Original im Jahr 2020 erschienenen Romane. Irina Wanka liest einen Ausschnitt aus "Die Geschichte von Romana". Regie: Irene Schuck. Redaktion: Judith Heitkamp. Mit freundlicher Genehmigung des Residenzverlags können wir diese Sendung auch im Bayern 2-Podcast "Lesungen" anbieten.
Sofia Andruchowytsch: Die Geschichte von Romana, Band 1 der Amadoka-Trilogie, übersetzt von Alexander Kratochvil u.a., Residenz-Verlag, 25 Euro