Von Epikur bis Augustinus Philosophien des Glücks
Pillen, Hormone, Amulette, Ratgeber - alles soll uns dem großen Glück näher bringen. Doch was ist wirklich neu und was ist wirksam? Die radioTexte schlagen lieber bei den antiken Motivationstrainern nach: bei Epikur, Epiktet und Augustinus.
Die antiken Philosophenschulen waren sich letztlich - trotz aller Unterschiedlichkeit - in einem einig: Sie wollten den Menschen eine glückliche Lebensführung nahebringen. "Eudaimonía", das Glück, ist kein rauschhafter Ausnahmezustand, sondern die Zufriedenheit mit dem Leben im Hier und Jetzt, eine von äußeren Umständen unabhängige, innere Freiheit. Die Autorin, Übersetzerin und Herausgeberin Marion Giebel stellt drei antike Schulen anhand prominenter Vertreter vor.
Epikur: Die Meeresstille der Seele
Büste des Epikur - der griechische Philosoph wurde 341 v. Chr. auf Samos geboren und verstarb 271 oder 270 v. Chr. in Athen.
Der um 341 v. Chr. auf Samos geborene Epikur steht für das Modell der Abwesenheit von Schmerz, ein Zustand, der durch vernünftige, ausgewogene Lebensführung ermöglicht wird und der in im Idealfall in eine "Meeresstille der Seele" mündet. Der zurückgezogen lebende Philosoph, der das glückliche Individuum statt der pflichtbewussten Bürgergemeinschaft in den Mittelpunkt rückte, propagierte die Lust als oberstes Gut. Doch führt das Bild von einem "Epikureer" als zügellos schwelgenden Genussmenschen in eine falsche Richtung: Epikur sah in der Lust ein beständiges Wohlgefühl, eine ausgeglichene Ruhe, die unerreichbar ist, wenn man jeder Begierde nachgibt.
Epiktet: Übung macht den Meister
"Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern die Meinungen und die Urteile über die Dinge."
(Epiktet)
Sokrates und Diogenes waren Vorbilder eines stoischen Philosophen, der sich primär mit der praktischen Ethik befasste - Epiktet. Als Sklave kam der um das Jahr 50 in der heutigen Türkei geborene Denker nach Rom, bevor er sich freikaufen konnte und lehren durfte. Als Kaiser Domitian alle Philosophen aus Rom verbannte, zog Epiktet ins griechische Nikopolis, wo er bis zu seinem Tode unterrichtete. Seine Vorträge, die von Schülern aufgeschrieben wurden, waren beliebte Lektüre durch die Jahrhunderte hindurch - zu seinen Lesern gehörten beispielsweise Kaiser Marc Aurel oder auch Goethe, der ihn "mit viel Teilnahme" studiert habe.
"Das Glück Deines Lebens hängt von der Beschaffenheit Deiner Gedanken ab."
(Marc Aurel)
Epiktet strebt einen ähnlichen Seelenzustand des Gleichmuts durch Freiheit von Leidenschaften und Selbstgefälligkeit an, wie es Epikur gedacht hatte. Doch diesen Zustand erreicht man nur durch beständiges Üben, Àskesis.
"Wie du beim Spazierengehen darauf achtest, dass du nicht in einen Nagel trittst oder dir den Fuß verstauchst, so achte ebenso darauf, dass du in deinem Innern keinen Schaden nimmst. Wenn wir bei jeder Tätigkeit diese Vorsicht walten lassen, werden wir mit umso größerer Sicherheit jeweils ans Werk gehen."
(Epiktet)
Augustinus: das Glück des Christen
Das Ende der Antike schließlich führt zum frühchristlichen Weltbild von Augustinus, der im Jahr 354 im nordafrikanischen Thagaste geboren wurde und zu einem der einflussreichsten Theologen und Philosophen der christlichen Spätantike werden sollte. Sein Frühwerk "Vom glücklichen Leben" (De beata vita), geschrieben im Jahr 386 während eines Aufenthaltes auf einem Landgut in der Nähe von Mailand, zeigt den unermüdlichen Gottsucher noch frei von seiner späteren Rigidität; Augustinus wollte zu dem Zeitpunkt seinem Leben eine andere Richtung geben, hatte seinen Beruf als Rhetoriklehrer gerade an den Nagel gehängt. In einer heiteren Atmosphäre kultivierter Geselligkeit erwächst aus seinen in Gesprächsform verfassten Betrachtungen über das glückliche Leben ein Menschenbild, das die Harmonie von Leib und Seele im Kraftfeld der göttlichen Gnade verortet.
"Solange der Mensch sucht, ist er nicht glücklich."
(Augustinus)
Auf drei Wegen zum glücklichen Leben
In den radioTexten am Dienstag, 08. Januar 2019 um kurz nach 21.00 Uhr auf Bayern2
Eine Geschichte der Philosophie des Glücks
Von Epikur bis Augustinus
Mit Irina Wanka, Anja Buczkowski, Gert Heidenreich, Wolfgang Hinze und Martin Umbach
Zusammenstellung der Texte: Marion Giebel
Moderation: Antonio Pellegrino