Plötzlich ist das "Nationale" wieder verstörend aktuell. Nicht nur US-Präsident Trump versucht, mit dem Slogan "America First" bei seinen Wählern zu punkten. Überall in Europa setzen Populisten und Patrioten zunehmend auf die nationale Karte. Und auch in Deutschland fordern nicht nur Rechtsradikale mehr kollektiven Stolz auf die großen Gestalten und Gipfelmomente deutscher Geschichte.
Nationalgeist und Etikettenschwindel
Aber woher rührt dieser Ruf nach mehr Nation und Nationalgefühl? Wie tragfähig, wie sinnvoll und zukunftsoffen sind die Beschwörungen des Nationalen? Was steckt hinter der Rückbesinnung auf die vermeintliche Größe der eigenen Vergangenheit, welche Strukturen, Strategien und Mechanismen werden dabei aktiv?
Ein Kondensationsphänomen solch nebulöser Bestrebungen ist die Konstruktion einer geistig-kulturellen Nationalidentität. Körperhaft greifbar wird dieses Konstrukt in den nach Disziplinen aufgestellten Kunstheroen einer Nation. Als besonders identitätsstiftend gilt dabei der Nationaldichter, in dem sich das Wesentliche, Besondere, Vorzügliche eines Volkes ausspricht.
Nationaldichter wider Willen
Der österreichische Nationaldichter Franz Grillparzer ist ein Paradebeispiel für die problematische Instrumentalisierung eines Werks und seines Verfassers durch nationale Interessen. Anhand seiner Lebens- und Werkgeschichte erkunden die Schülerinnen und Schüler zum einen, in welcher historischen Situation das Konzept des "Nationaldichters" aktiviert und eingesetzt wurde. Sie erkennen dabei, wie wenig sowohl das Werk wie auch die Person des Gefeierten inhaltlich und existenziell mit dieser Vereinnahmung in Deckung zu bringen ist. Aus dieser Analyse der an Grillparzer untersuchten historischen Umstände und Mechanismen erwächst vielleicht die grundsätzlichere Frage, wie zeitgemäß und tragfähig national instrumentalisierte Autoren und Werke heute noch sein können und wer sich dieses Konzept gegebenenfalls zunutze macht.

Die Schülerinnen und Schüler hören die Sendung oder die Audio-Ausschnitte

Arbeitsblatt 1: "Hofrat, Heißsporn, Hypochonder - Ein widersprüchlicher Mensch und sein Werk im Überblick". Das Arbeitsblatt fragt grundlegende biografische und werkbezogene Fakten in Form eines Multiple-Choice-Tests ab.
Arbeitsblatt 2: "Verfolgt von allen Seiten" - Leben und Schreiben in Metternichs Polizei- und Schnüffelstaat". Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit den politischen Rahmenbedingungen des kulturellen Lebens der "Biedermeier"-Zeit auseinander und erkennen ihre Wirkung auf das Schaffen Grillparzers.
Arbeitsblatt 3: "Werk und Stil: Der Versuch, den Himmel Griechenlands über den Wienerwald zu wölben". Die Schülerinnen und Schüler nähern sich den sprachlich-inhaltlichen Eigenheiten der Werke Grillparzers an und entdecken die psychologische Figurenzeichnung als Besonderheit seines Personalstils.