1968 Gewalt und Gegengewalt
Im Jahr 1968 richtet sich der Protest der APO vor allem gegen die von der Regierungsmehrheit geplanten Notstandsgesetze. Diese sehen unter anderem die Einschränkung der Grundrechte im Falle einer inneren oder äußeren Bedrohung des Staates vor. Was die Gegner des Gesetzespakets besonders aufhorchen lässt, ist der mögliche Einsatz der Bundeswehr zur Bekämpfung organisierter Banden und bewaffneter Aufrührer im Fall des "inneren Notstandes".
Darüber hinaus rückt die Springer-Presse, die Studentenführer wie Rudi Dutschke zu Staatsfeinden stilisiert und deren Berichterstattung geradezu hasserfüllte Züge annimmt, ins Visier der APO. In der "Bild"-Zeitung und anderen Blättern heißt es unter anderem "Lasst Bauarbeiter ruhig schlafen, kein Geld für langbehaarte Affen". Bürger werden von Springer-Journalisten aufgefordert, die "Drecksarbeit" nicht länger der Polizei zu überlassen.
Heute weiß man aus MfS-Akten, dass der Staatssicherheitsdienst der DDR Agenten nach West-Berlin schickt, um die Anti-Springer-Stimmung zusätzlich anzuheizen. Der Grund: Seit der Entscheidung Axel Springers im Jahre 1961, seinen Verlagssitz von Hamburg in das durch die Mauer geteilte Berlin zu verlegen, ist die Anwesenheit der Springer-Presse der SED-Führung um Walter Ulbricht ein Dorn im Auge.
Die Lage eskaliert
Bei Zusammenstößen mit der Polizei, die zunehmend härter gegen Demonstranten vorgeht, sind nun immer wieder Opfer zu beklagen. Kundgebungen gegen den Springer-Konzern im April 1968 in München - Motto der Demonstranten: "Haut dem Springer auf die Finger" - fordern sogar Menschenleben. Durch einen Steinwurf erleidet der Pressefotograf Klaus Jürgen Frings tödliche Verletzungen. Der Student Rüdiger Schreck kommt durch den Schlag eines Unbekannten ums Leben. Der genaue Tathergang kann nie geklärt werden.
Anschlag auf Rudi Dutschke
Am 11. April wird der Spiritus Rector der Studentenbewegung, Rudi Dutschke von dem Anstreicher Josef Bachmann niedergeschossen. Diese Tat, an deren Folgen Dutschke 1979 stirbt, löst ein von Gewalt überschattetes Ostern 1968 aus. Tausende Menschen demonstrieren in West-Berlin, Hamburg, Frankfurt, München, Essen, Köln, Hannover und Esslingen (Motto: "Deutsche Polizisten schützen die Faschisten"). Es kommt zu Straßenschlachten, Barrikaden werden gebaut, Springer-Gebäude belagert.
Die Demonstrations- und Protestwelle gegen die geplante Notstandsverfassung markiert im Frühjahr 1968 den Höhepunkt der APO-Aktivitäten. Zum Sternmarsch nach Bonn erscheinen am 11. Mai mehr als 60.000 Menschen, darunter auch Gewerkschafter, Sozialdemokraten, Kirchenleute und FDP-Mitglieder. Dennoch verabschiedet der Bundestag am 30. Mai die Notstandsgesetze mit großer Mehrheit.