Das Ausnahmejahr
Geschichte | MS, RS, Gy |
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Sie brechen mit einer Kultur des Gehorsams, rütteln an der bestehenden Ordnung, denken antiautoritär und träumen von Veränderungen im großen Stil. Rebellische Jugendliche fordern 1968 eine "andere" Gesellschaft.
1968 ist ein besonderes Jahr. In den USA, in der Bundesrepublik Deutschland, in Frankreich und Italien - allesamt liberale Demokratien - kommt es zu lautstarken Jugendprotesten. Selbst in Japan begehren Studenten auf. Dann schwappt die Welle über den Eisernen Vorhang. In Polen, der CSSR und der DDR werden Forderungen nach Freiheit und Demokratie laut.
In der Kritik an den bestehenden politischen Systemen, am Kapitalismus, am Realsozialismus und am Kolonialismus ähneln sich die jeweiligen Bewegungen, von denen jede - abhängig von Nation und Kultur - jedoch eine besondere Ausprägung hat. Eines aber verbindet die Revoluzzer in Ost und West: Sie wenden sich gegen Autoritäten und stellen staatliche Institutionen infrage.
In Westdeutschland wird die 68er-Revolte von Studierenden getragen, ihr Protest richtet sich gegen den Vietnam-Krieg, gegen Missstände an den Universitäten und die Notstandsgesetzgebung der seit 1966 regierenden Großen Koalition. Die Elterngeneration ist irritiert, es mangelt ihr an Diskussionsbereitschaft.
Außenstehenden mag die 68er-Bewegung damals als monolithischer Block erscheinen, tatsächlich ist sie zu keiner Zeit homogen. Radikale Aktivisten fordern den Umsturz, andere 68er wollen an der demokratisch verfassten Gesellschaft festhalten. Als sich die Proteste steigern, bringt Staatsgewalt Gegengewalt hervor. Ende 1968 setzt schließlich der Zerfall der 68er-Bewegung ein.