Der Deutsche Bauernkrieg Der Konflikt eskaliert
Anfang März 1525 entsteht in Memmingen eine Beschwerdeschrift, die zum Bauernmanifest, zur programmatischen Grundlage der Erhebung wird: die Zwölf Artikel. Als Verfasser gelten der Prediger Christoph Schappeler, der Obrist Ulrich Schmid und Sebastian Lotzer, Kürschner und Feldschreiber der "Christlichen Vereinigung". Dank des Buchdrucks verbreiten sich die "Zwölf Artikel" rasch.
Hauptforderungen der Memminger sind:
- Recht der Gemeinden zur Wahl und Absetzung des Pfarrers; freie Verkündung des Evangeliums.
- Aufhebung des Kleinzehnts, Verwendung des Großzehnts für Geistliche, Arme und Landesverteidigung.
- Aufhebung der Leibeigenschaft.
- Verminderung beziehungsweise Neufestsetzung der Abgaben.
- Einschränkung der Fronen.
- Freigabe von Jagd und Fischerei.
- Abschaffung der Willkür bei der Bemessung von Strafen, Regelung der Bußenhöhe nach den älteren Gerichtsordnungen.
- Abschaffung der Todfallabgabe (vom Nachlass eines verstorbenen Leibeigenen behalten die Grundherren oft den "Todfall" ein; dazugehören das "Besthaupt", das beste Stück Vieh, und das "Bestgewand"; hinzu kommt ein Anteil an der Hinterlassenschaft).
Im letzten Artikel erklären die Bauern ihre Bereitschaft, sich im Falle unchristlicher Ansprüche dem Zeugnis der Heiligen Schrift zu unterwerfen. Überdies bekennen sie sich zur Obrigkeit und wünschen eine gewaltfreie Lösung ihrer Probleme.
Erster deutscher Grundrechtskatalog
Der Historiker Peter Blickle (1938-2017), der sein Forscherleben dem Bauernkrieg widmete, betrachtet die Memminger Artikel als einen Ruf nach Freiheits- und Menschenrechten, als "Manifest von nationaler Bedeutung".
Die Memminger Bauern wollen keinen radikalen Umsturz, sie wünschen eine maßvolle Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Sie akzeptieren bestehende Herrschaftsstrukturen, erwarten aber, dass sich die Obrigkeit Reformen durchführt und sich "gottgefällig" verhält.
In Süddeutschland brennt es
Auf die "Zwölf Artikel" reagiert der Schwäbische Bund, der die Entstehung eines Flächenbrandes befürchtet, mit Härte. Georg Truchsess von Waldburg ("Bauernjörg"), ein erfahrener Truppenführer, der schon als 22-Jähriger gegen den "Armen Konrad" kämpfte, sucht die Auseinandersetzung. Er attackiert einzelne Bauernhaufen, lässt Anführer hinrichten, schließt Verträge oder Waffenstillstände und bricht sie wieder.
Die Bauern reagieren mit der Plünderung von Burgen, Schlössern, Städten und Klöstern. Aufständische brechen Archive auf, in denen Zinsbücher und Steuerlisten lagern. Besonders aggressiv präsentieren sich die fränkischen Bauern: Allein im Würzburgischen gehen 200 Burgen und 50 Klöster in Flammen auf.
Terror und Gegenterror schaukeln sich hoch
Für besonderes Aufsehen sorgt die "Bluttat zu Weinsberg". Als der Neckartal-Odenwälder-Haufen am 16. April 1525 die Stadt erobert, werden Ludwig Graf von Helfenstein, seine Frau und weitere Adelige gefangen genommen. Auf Initiative des Bauernführers Jäcklein Rohrbach treiben die Aufständischen ihre Gefangenen durch die Spieße. Die Opfer müssen durch eine Gasse laufen, auf sie wird eingestochen, bis sie tot sind. Die Gräfin Helfenstein, eine Tochter Kaiser Maximilians I. (1459-1519), bittet die Bauern vergeblich um Gnade für ihren Mann; sie wird auf einen Mistwagen geworfen und davongejagt.
Nun nimmt der Krieg an Schärfe zu. Vier Wochen nach der Ermordung Helfensteins wird Jäcklein Rohrbach gefasst. Truchsess von Waldburg lässt ihn an einen mit trockenen Ästen umgebenen Baum ketten und vor angetretenem Heer des Schwäbischen Bundes verbrennen.