Christoph Kolumbus Kolumbus und seine Zeit
Menschen, die ausziehen, Neues zu entdecken und fremde Welten zu erforschen gibt es seit Jahrtausenden - man denke etwa an die phönizischen Seefahrer oder an Nearchos, den Admiral Alexanders des Großen, der auf Indus-Euphrat-Reise geht. Andere Seefahrer der Antike erkunden das Mittelmeer und das Schwarze Meer. In die Zeit vom Untergang des Römischen Reiches bis zum Beginn der Renaissance fallen die wagemutigen (Raub-)Touren der skandinavischen Wikinger, Waräger oder Normannen. Das mittelalterliche Resteuropa verharrt währenddessen ängstlich vor einer Hemmschwelle aus Gottesfurcht und Aberglauben.
Dann wagt 1415 ein Mann den Schritt vorwärts: der portugiesische Infant Dom Henrique (Heinrich der Seefahrer). Obwohl er selbst niemals auf Reisen geht, organisiert er die Erforschung der Westküste Afrikas und treibt seine Kapitäne zu immer neuen Expeditionen an. Damit leitet er die Epoche der Entdeckungen ein, die erst 1639 mit dem Vorstoß der Russen an den Pazifik endet.
Geopolitische Neuorientierung Europas
Als Christoph Kolumbus aufwächst, erleben die Naturwissenschaften einen Aufschwung, die Umrisse der Erdoberfläche werden deutlicher. Neuerungen wie der von Chinesen erfundene Kompass erleichtern die Seefahrt. Der transkontinentale Gewürzhandel gewinnt an Bedeutung, doch die Osmanen erobern Konstantinopel kappen wichtige Handelsrouten von Europa nach Asien. Portugal und Spanien reagieren auf die Expansion des Osmanischen Reiches, starten die Suche nach dem Seeweg nach Indien und steigen zu Großmächten auf.
Kolumbus - die Zeit ist reif
Vom Entdeckerrausch lässt sich Christoph Kolumbus mitreißen. Hätte er Amerika nicht gefunden, wäre es ein anderer Kapitän seines Schlages gewesen. Kolumbus ist ein Produkt der Zeitenwende, ein Kind des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit. Er ist religiös, aber voller Neugier, ein überzeugend auftretender Tatmensch, der das sprichwörtliche Ei zum Stehen bringt.
Ihm ist zeitlebens nicht klar, dass er nicht Indien, sondern einen neuen Kontinent entdeckt hat. An seiner Leistung ändert das nichts. Auf der Suche nach Gold, Gewürzen und Reichtümern öffnet er den Weg nach Amerika und ermöglicht den spanischen Herrschern den Aufbau eines Weltreiches. Und er ist ein Pionier der Kolonisierung, ein Bahnbrecher der Europäisierung der Erde.
Kolumbus ist voller Widersprüche, etwa wenn er die Eingeborenen der Karibik als gutmütige, unverdorbene Wilde beschreibt und sich um ihr Seelenheil sorgt. Im selben Atemzug betrachtet er sie als fabelhafte Untertanen, die sich mühelos unterjochen lassen. Mit Sklavenjagden hat er keine Probleme und Massaker nimmt er in Kauf, wenn die Ureinwohner in den neuen Kolonien kein Gold heranschaffen.
Verglichen mit gnadenlosen Conquistadoren wie Hernán Cortés, Francisco Pizarro und Alonso de Ojeda handelt Kolumbus als Vizekönig beinahe maßvoll und bescheiden. Dennoch weist er Mördern, Räubern und Plünderern, die hoch entwickelte Kulturen auslöschen, den Weg. Am Ende steht ein Völkermord mit 20 Millionen Toten.