Terrorismus Die Blutspurt des Terrors
Wie Samson seine Gegner bekämpfte, beschreibt das Alte Testament. Der Held des israelitischen Stammes Dan brachte einen Philistertempel zum Einsturz und riss 3.000 Feinde mit sich in den Tod. Die jüdische Gruppe der Sikarier (von lat. sica = Dolch) widersetzte sich der römischen Besatzung und sorgte im 1. Jahrhundert mit Messer-Attentaten für Angst und Schrecken in Jerusalem.
Zwischen 1100 und 1250 war der Geheimbund der schiitischen Assassinen in Syrien und Persien aktiv. Bereit, den Tod zu geben und zu nehmen, verübten die Assassinen Dolch-Attentate vor allem auf Würdenträger des Seldschukenreiches. Die Kreuzritter sorgten für die Verbreitung ihres zweifelhaften Ruhmes im Westen.
Terror war für den Anwalt und Politiker Maximilien de Robespierre eine Tugend. Mit blindwütiger Gewalt ließ der im Zeitraum 1793/94 diktatorisch herrschende Gegner einschüchtern und politische Ziele durchsetzen. Der Schreckensherrschaft der Jakobiner ("La Terreur") fielen etwa 40.000 Menschen, darunter zahlreiche Anhänger der Revolution, zum Opfer.
Der moderne Terrorismus entsteht
Mit der Erfindung des Dynamits durch Alfred Nobel im Jahr 1866 erreichte der Terrorismus eine neue Dimension. Die enorme Zerstörungskraft des Explosivmittels eröffnete Attentätern ungeahnte Möglichkeiten. Auf Sprengstoffanschläge und Selbstmordattentate spezialisierte sich bald die russische Anarchistengruppierung "Narodnaya Volya" ("Volkswille"). Am 13. März 1881 lauerten Nicolai Ryssakow und Ingati Grinewitzki Zar Alexander II. auf. Die Dynamitdose Grinewitzkis fiel vor die Füße des Monarchen und detonierte. Grinewitzki starb, wenig später erlag auch der Zar seinen schweren Verletzungen. Im Bekennerschreien des Selbstmordbombers hieß es: "Es ist mein Schicksal, jung zu sterben. Ich werde unseren Sieg nicht erleben und keine Stunde unseres Triumphes genießen können. Aber mit meinem Tod habe ich meine Pflicht erfüllt".
Wirkmacht terroristischer Botschaften
Die Aktivitäten der "Narodnaya Volya" hatten Vorbildfunktion. Weltweit fühlten sich Aufrührer, Unzufriedene und Mitglieder ethnisch-separatistischer Organisationen zum Terrorismus berufen. Ein, wie es die Historikerin Carola Dietze formuliert, "transnationaler Lernprozess" kam in Gang. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Berichterstattung durch die Presse. Kaum hatte sich eine Tat ereignet, erreichte die Nachricht ein breites Publikum, das - ganz wie es die Terroristen wünschten - mit Bestürzung oder aber mit Unterstützungsbereitschaft reagierte.
Anschläge weltweit
Politische Attentate erschütterten bis ins frühe 20. Jahrhundert die führenden Nationen der Welt. 1894 fiel der französische Staatspräsident Marie François Sadi Carnot einer Messerattacke zum Opfer. Österreich-Ungarn verlor die Kaiserin Elisabeth (1898) und den Thronfolger Franz Ferdinand (1914). Ein Anarchist tötete 1900 Italiens König Umberto I., ein anderer ermordete im Jahr darauf den US-Präsidenten William McKinley. Durch Russland schwappte eine Terrorwelle, mehrere Minister und Gouverneure starben. Eines der prominentesten Opfer war 1902 Innenminister Dmitri Sergejewitsch Sipjagin.