Die Zugspitze Die Zugspitze wird erobert
In den Jahren nach der Zugspitzbezwingung durch Josef Naus bleibt es ruhig im Werdenfelser Land. Der Alpentourismus kommt nur langsam in Fahrt, die Übernachtungszahlen in den Orten sind bescheiden. Nur einzelne Bergpioniere machen auf sich aufmerksam. Einer von ihnen ist der Partenkirchner Johann Barth, der am 18. September 1834 die erste mittels Signalfeuer belegte Besteigung der Zugspitze leitet.
Als Einzelgänger am Berg präsentiert sich Jakob Sporer, der "Zugspitz-Jackl". 1849 muss er wegen widriger Wetterverhältnisse allein auf dem Gipfel übernachten und weil's so schön war, wiederholt er im Jahr darauf das Abenteuer. Wann immer Sporer im Tal Ärger hat - so die Legende - lässt er alles liegen und stehen und eilt von seinem Wohnort Peißenberg direkt auf die Zugspitze. Ingesamt dringen bis in die 1850er Jahre etwa zwei dutzend Bergsteiger bis zum Gipfel vor.
Eine fromme Expedition
Den Pfarrer Christoph Ott, der als Observator auf der Wetterwarte Hohenpeißenberg arbeitet, stört es, dass das Haupt der Zugspitze "kahl und schmucklos ist". Auf sein Betreiben wird am 4. August 1851 ein Gipfelkreuz ("ganz aus Eisen gearbeitet 14 Fuß hoch und in 28 Theile zerlegbar, 24 Quadratfuß des Kreuzes im Feuer vergoldet") geweiht. 28 Männer tragen das Kreuz in Einzelteilen durch die Partnachklamm und stellen es am 12. August auf.
Berghelden als Vorbilder
Der Blick auf die Hochgebirgskletterer wandelt sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie werden nun nicht mehr als Nichtsnutze in Crickethosen belächelt, sondern als verwegene Draufgänger bewundert. Zahlreiche Touristen und Prominente eifern ihnen nach, der Siegszug des sportlichen Alpinismus beginnt.
Bayerns Königin Marie (1825-1889) lässt sich spezielle Kleidung zum Bergsteigen anfertigen und nimmt, nachdem sie 1854 den 2.713 Meter hohen Watzmann erklettert hat, die Zugspitze ins Visier. Ihr Gemahl Maximilian II. verbietet den Aufstieg ("unziemlich"), doch nach dessen Tod 1864 gibt es keinen Halt mehr. Als achte Frau erreicht Marie den Gipfel der Zugspitze, auf dem sich 1882 auch der preußische Kronprinz blicken lässt.
Mythos Zugspitze
Mit der Reichsgründung 1871 beginnt Deutschlands höchster Berg patriotische Empfindungen hervorzurufen. Man erhebt die Zugspitze zum Mythos. Nationalisten sehen in ihr einen "politischen" Berg, die "Verkörperung deutscher Kraft und Einigkeit". Fanatische Imperialisten, die zu bedenken geben, dass im Reich ein weitaus höherer Berg existiert - der Kilimadscharo in der 1885 gewonnenen Kolonie Deutsch-Ostafrika - finden nur wenig Gehör. Die Deutschen wollen sich den Gipfel der Nation nicht madig machen lassen. Einen Besuch auf der Zugspitze, dem Nationalheiligtum, betrachten immer mehr Menschen als Dienst am Vaterland.
Die Erschließung der Zugspitze
Der 1873 gegründete Deutsch-Österreichische Alpenverein möchte den Liebhabern der Berge die "Bereisung erleichtern" und fördert den Bau von Schutzhütten und Klettersteigen. Zugspitzbesuchern steht ab 1893 ein Klettersteig durchs Höllental zur Verfügung. Im Juni 1897 wird auf dem Gipfel - in 2.957 Metern Höhe - die Unterkunftshütte Münchner Haus eröffnet. Im Jahr 1900 nimmt die Königlich Bayerische Meteorologische Hochstation Zugspitze, ein Beobachtungsturm am Münchner Haus, den Betrieb auf.
Nun geht es daran, den Aufstieg zur Zugspitze zu vereinfachen und zu verkürzen. Im Zeitraum 1902 bis 1905 wird der Anstieg vom Höllental zum Zugspitzgipfel durch Sprengungen und Drahtseile gangbar gemacht, ein Tunnelweg entsteht. Im August 1905 wird der Höllental-Klammweg eröffnet und erweist sich als hochattraktives Ausflugsziel im Werdenfelser Land.
Mit der Bahn zum Ganzjahresbetrieb
Noch bleibt der Besucheransturm auf die Sommermonate beschränkt, doch mit dem Bau von Bergbahnen von deutscher wie von österreichischer Seite endet ab 1926 die Winterruhe. 1930 öffnet das Schneefernerhaus auf dem nach Süden ausgerichteten Steilhang unterhalb des Gipfels auf 2.650 Meter Höhe seine Pforten. Die Einrichtung des Hotels kann damals sogar mit dem legendären Adlon in Berlin konkurrieren. Seit den 1990er Jahren beherbergt das Schneefernerhaus wissenschaftliche Einrichtungen.
Auch Animation gibt es in den 1930er Jahren: Rentiere und Polarhunde ziehen Schlitten für die Gäste. Publikumswirksam landet der Weltkriegs-Pilot und Kunstflieger Ernst Udet auf dem Gletscher, später treten Seiltänzer auf und es vergnügen sich immer mehr Skiläufer im ewigen Schnee.
1949 errichten amerikanische Soldaten einen Skilift auf dem Zugspitzplatt, in den 1960er wird das Platt zum großen, schneesicheren Skigebiet mit Sessel- und Schleppliften ausgebaut. Heute ist die Zugspitze ein beeindruckender Freizeitpark mit umfangreicher Gipfelgastronomie ("Panorama 2962"), den an manchen Tagen bis zu 6.000 Menschen besuchen.