Hormone Hormone als Bio-Regulatoren
Eine zentrale Aufgabe des Hormonsystems besteht darin, die Konzentration lebenswichtiger Betriebsstoffe wie etwa Zucker, Natrium, Kalzium oder Wasser im Blut auf einem "gesunden" Sollwert zu halten. Dazu muss der Organismus den Mangel oder Überfluss bestimmter Substanzen ausgleichen und Schwankungen durch ein plötzliches Ansteigen und Abfallen verhindern. Für die Sicherung des Sollwerts sorgen Hormone, die sich gegenseitig dämpfen oder verstärken. Ein Paradebeispiel der Stabilisierung des Körperhaushalts durch antagonistisch wirkende Hormone ist die Steuerung des Blutzuckerspiegels durch Insulin und Glukagon.
Insulin senkt, Glukagon erhöht den Blutzuckerspiegel
Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse produziert. Es öffnet die Zellen des Muskel- und Fettgewebes für die im Blut anströmende Glukose. Der Signalstoff stellt sicher, dass die Zellen den nötigen Zucker aufnehmen, zur Energiegewinnung verbrennen oder als Reserve speichern können. Zusätzlich unterstützt Insulin die Leber bei der Einlagerung überschüssiger Glukose. Da Insulin dem Blutstrom Zucker entzieht und der zellulären Verwertung oder Speicherung zuführt, senkt es den Glukosespiegel. Fehlt das Hormon, geschieht zweierlei: Den Zellen geht der Brennstoff aus, der unverbrauchte Zucker sammelt sich im Blut an.
Glukagon wirkt genau umgekehrt: Das ebenfalls in der Bauchspeicheldrüse gebildete Hormon öffnet die Energiespeicher der Leber- oder Muskelzellen und setzt den eingelagerten Zucker schlagartig frei. Diese "Krisenintervention" ist immer dann nötig, wenn der Körper rasch mehr Energie und damit mehr Glukose braucht. In solchen Belastungsphasen mobilisiert das Glukagon die nötigen Speicherreserven und erhöht dadurch den Blutzuckerspiegel.
Insulin und Zuckerkrankheit
Das Wechselspiel der gegenwirksamen Hormone ist im Normalfall fein austariert: Es hält den Blutzuckerspiegel innerhalb enger Toleranzgrenzen auf einem stabilen Niveau und versorgt die Zellen mit der akut erforderlichen Zuckermenge. Kippt die Balance, drohen dramatische Folgen. Wenn der Blutzuckerspiegel stark abfällt, reagiert der Körper mit Schweißausbrüchen, Zittern, Herzklopfen, Kopfschmerzen und Konzentrationsschwäche. Ist auch das Gehirn unterversorgt, treten Seh- und Sprachstörungen, Schwindel, Krämpfe und Bewusstlosigkeit ein. Genauso gefährlich ist ein stark überhöhter Blutzuckerspiegel. Er kann lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisungen bis hin zum "diabetischen Koma" auslösen.
Ist der Blutzuckerspiegel nicht nur phasenweise, sondern dauerhaft überhöht, kommt es zum Diabetes mellitus, zur Zuckerkrankheit. Sie entsteht, wenn der Körper nicht mehr genügend Insulin produziert (Insulinmangel) oder wenn das Insulin in den Zellen nicht mehr wirkt (Insulinresistenz). Beide Störungen führen zum selben Resultat: Zu viel unverbrauchter Zucker im Blut, der das Gefäß- und Nervensystem massiv schädigt und schließlich zerstört.
Die Zeitschaltuhr des Körpers
Ein weiteres Regulationskonzept ist die biorhythmische Steuerung durch Hormone, die in bestimmten Intervallen vermehrt produziert und ausgeschüttet beziehungsweise gehemmt und abgebaut werden. Das einflussreichste Taktungsmodell ist der 24-Stunden-Rhythmus, an dem hauptsächlich die Botenstoffe Serotonin, Cortisol, Adrenalin und Melatonin beteiligt sind. Wie diese Zeitschaltung funktioniert, zeigt der Schlafwach-Rhythmus: Sobald es dunkelt, produziert die im Zwischenhirn sitzende Zirbeldrüse vermehrt den Botenstoff Melatonin. Die Konzentration des schlaffördernden Hormons steigt im Lauf der Nacht bei älteren Menschen um das Dreifache, bei jüngeren sogar um das Zwölffache, und erreicht gegen drei Uhr morgens ihr Maximum. Registriert die Netzhaut am Morgen ein Ansteigen der Lichtintensität, sinkt die Melatoninabgabe. Der Schlaf wird seichter, wir wachen auf. Tagsüber ist die Melatoninmenge im Blut konstant gering, mit Einbruch der Dämmerung fährt sie erneut hoch.