Wenn die Küste bröckelt Rügen - wenn sich Küstenformationen ändern
Aus Skeletten und Kalkschalen von Kleinlebewesen, die sich beständig ablagern, entsteht vor etwa 70 Millionen Jahren die Kreide. Erdbewegungen heben Brocken aus dem Boden des damaligen Meeres. Mit der Weichsel-Kaltzeit, die vor etwa 10.000 Jahren endet, kommt weitere Unordnung in die Kreideformation. Inlandseis aus dem Osten wölbt die Kreide an mehreren Stellen auf und presst sie zusammen. Mulden und Sättel bilden sich.
Seither ist die Rügener Kreideküste, deren Klippen an einigen Stellen über 100 Meter tief zum Ostseestrand abfallen, aktiv. Ein gefährlicher Angreifer ist das Wellen schlagende Meer, das den Fuß der Küste unterspült. Auch Wind und Regen attackieren die Kreidefelsen und nach der Schneeschmelze im Frühjahr unterminiert Grundwasser die Kliffs.
Gefährliche Abbrüche im Winter
Hinzu kommt, dass das ohnehin porös-instabile Kreidegestein seit der Eiszeit von Sand, Kies und Lehm durchzogen ist. Wenn es regnet oder taut, dringt Wasser in Spalten ein, das Material "versuppt". Bei Frost gerät ein Fels unter Spannung, Kanten werden regelrecht abgesprengt. Die Brüche stürzen an den Strand und türmen sich auf. Saugen sie sich erneut mit Wasser voll, können sie ins Rutschen kommen. Schließlich schluckt das Meer die Schuttkegel.
Ein spektakulärer Abbruch ereignet sich im Jahr 1981, als sich mehr als 100.000 Kubikmeter Kreide lösen. Am zweiten Weihnachtsfeiertag 2011 gerät eine Familie beim Spaziergang am Kap Arkona in eine Lawine. Die Mutter wird schwer verletzt, ein Kind fällt der Kreide zum Opfer. Dreizehn Tage lang suchen Helfer in Schutt und Schlamm nach dem verschütteten Mädchen, dann müssen sie die Suche aufgeben. Wochen später wird die Leiche der Zehnjährigen ans Ufer gespült.