Längen- und Breitengrade Wie lässt sich Länge mit der Uhr bestimmen?
Die Praxis der Längenmessung mithilfe der Zeitmessung ist zu Beginn des 18. Jahrhunderts noch reine Utopie ohne Realisierungsaussichten. Die Richtigkeit des theoretischen Ansatzes ist jedoch unbestritten und die Idee selbst schon seit nahezu 200 Jahren bekannt. Bereits 1530 schlägt der flämische Astronom und Kartograf Gemma Frisius (1508-1555) den Zeitvergleich mithilfe einer mechanischen Uhr als denkbar beste Methode für die Längengradbestimmung auf See vor. Frisius definiert auch gleich die wesentlichen Rahmenbedingungen der Methode: Die Uhr muss bei der Abfahrt exakt auf die Ortszeit eingestellt werden, sie muss extrem gleichmäßig und ohne jede Abweichung gehen und darf unterwegs nicht stehen bleiben.
Östlich oder westlich des Null-Meridians?
Die Grundlagen auf die sich Frisius in seinen Überlegungen stützt, sind größtenteils bereits in der Antike bekannt. Sie zeigen, wie eng das Konzept der geografischen Länge mit dem Phänomen Zeit verbunden ist.
- Die Erde dreht sich in 24 Stunden einmal um die eigene Achse. Wenn sie für eine volle Umdrehung von 360 Grad 24 Stunden braucht, dreht sie sich in einer Stunde ein Vierundzwanzigstel von 360 Grad. Das sind 15 Grad, die 15 von insgesamt 360 Längengraden entsprechen. Anders formuliert: Wenn die Sonne in 24 Stunden über alle 360 Längengrade geht, geht sie pro Stunde über 15 Längengrade.
- Ein Unterschied von 15 Längengraden entspricht also einem Zeitunterschied von einer Stunde. Zwischen zwei um 15 Längengrade voneinander entfernten Orten beträgt der Zeitunterschied eine Stunde. Weil sich die Erde nach Osten dreht, ist es östlich des aktuellen Aufenthaltsortes eine Stunde früher und westlich eine Stunde später. Liegt ein Ort vom ersten aus um 30 Längengrade weiter nach Westen oder Osten, beträgt der Zeitunterschied zwei Stunden.
- Man kann also aus der Zeitdifferenz zwischen zwei Orten ihre Längendifferenz ermitteln. Dazu braucht man allerdings zwei präzise Zeitmessungen. Einmal die Zeit am Standort und natürlich die Zeit am Ausgangort. Ist es am Ausgangort drei Stunden früher als am Standort, hält man sich 45 Längengrade östlich vom Ausgangsort auf. Ist es drei Stunden später, befindet man sich 45 Längengrade westlich vom Ausgangsort.
Kennt man zusätzlich zur geografischen Länge auch die geografische Breite eines Ortes, ist seine Position als Schnittpunkt von Längen- und Breitengrad eindeutig bestimmbar. Damit sind alle Komponenten beisammen, um selbst auf hoher See den eigenen Standpunkt präzise festzulegen und ausreichend genau zu navigieren.