Die Vermessung der Welt
Mensch, Natur und Umwelt | RS, Gy |
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Wo bin ich? Woher komme und wohin gehe ich? Klingt irgendwie spirituell, oder? Aber es gibt auch eine ganz konkrete Dimension der großen Menschheitsfragen: Wie finde ich sicher von A nach B, und wo geht´s lang auf hoher See?
Von A nach B zu kommen, ist manchmal ganz schön schwierig. An Land ist die Sache noch halbwegs überschaubar. Da haben sich die Menschen schon zur Griechen- und Römerzeit mit schematischen Karten beholfen, aus denen die ungefähre Entfernung zwischen zwei Punkten, die einzuschlagende Richtung, wichtige Ortsnamen und markante Punkte abzulesen waren.
Doch auf dem Meer beginnt die große Hilflosigkeit. Wasser hat keine Balken und erst recht keine Wegweiser. Daher wurden Schiffe bis zum Beginn der Neuzeit hauptsächlich auf Sicht gesteuert: Küstenlinien, Landmarken, Berge und Leuchtfeuer zeigten den Standort, der Sonnenlauf und gut erkennbare Sternbilder gaben die Richtung vor. Große Fahrten auf dem offenen Meer waren mit dieser Methode allerdings nicht zu machen. Um auch nur einigermaßen Kurs zu halten, musste die Küste sichtbar bleiben. Aber wie weit reicht das Auge? Nicht allzu weit. Bei klarer Sicht sind es auf See etwa fünf Kilometer, von der Höhe eines 30 Meter hohen Mastes rund 19 Kilometer.
Keine Seeherrschaft ohne Längenmessung
Im Zeitalter der Entdeckungen und Eroberungen, der Förderung und Ausweitung des Überseehandels, der Ausbeutung und Verteidigung neuer Überseebesitzungen wird die präzise Orientierung auf See mehr und mehr zur Schlüsselqualifikation des machtpolitischen und merkantilen Aufschwungs. Das frühkoloniale Wettrennen der europäischen Nationen ist auch ein Wettrennen um Navigationsvorteile.
Leider gibt es da ein kleines Problem. Um einen Punkt auf der Erdoberfläche exakt zu verorten und anzusteuern, sind zwei Informationen unverzichtbar: Neben dem Breitengrad muss auch der Längengrad bekannt sein. Das mit der geografischen Breite hatte man einigermaßen im Griff. Mit der Bestimmung der geografischen Länge sah es bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts jedoch mehr als duster aus. Die Ermittlung des Längengrads auf See war schlicht und einfach ein Ding der Unmöglichkeit. Eine praktikable Lösung des Längengraddebakels brachte erst der Schiffschronometer.