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Das pfundige Dilemma

Süße Droge Das pfundige Dilemma

Stand: 30.06.2017

Verschiedene Softdrinks | Bild: colourbox.com

Unser Körper ist auf Reservehaltung programmiert. Er spart für Hunger- und Notzeiten an. Das ist einfach so. Für die ausreichende Vorratshaltung ist hauptsächlich die Leber zuständig. Sie deponiert überschüssige Glucose mit Hilfe des Insulins in eigenen Speichern und im Muskelgewebe. Damit der Zucker lagerfähig ist, muss er allerdings zuerst zu Glykogen, einer langkettigen Speichervariante, umgebaut werden (Glykogensynthese). Der kompakte Vielfachzucker ist ein wesentlicher Baustein des Zuckerstoffwechsels, weil Glucose nur in dieser Form kurz- bis mittelfristig eingelagert und nach einem erneuten Rückbau (Glykogenolyse) wieder als Energieträger verfügbar ist.

Plan B und das Speicherproblem

Allerdings haben die Glykogenspeicher der Leber und des Muskelgewebes nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit. Sind sie voll, weil wir dauerhaft zu viel essen und dadurch große Mengen überschüssiger Glucose anfallen, greift die Leber zu Plan B: Sie verwandelt die Glucose nicht mehr in Speicherzucker, sondern in Fett. Einen Teil lagert die Leber selbst ein, pumpt sich so langfristig zur Fettleber auf und handelt sich und uns massive Probleme ein: Die Palette der Folgeerkrankungen reicht von der Leberentzündung bis zur Leberzirrhose und Leberkrebs. Außerdem steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten - bis hin zum Herzinfarkt - und zur Ausbildung eines Typ-2-Diabetes.

Aus Zucker wird Fett

Das Gros des aus überschüssiger Glucose erzeugten Fetts verräumt die Leber allerdings nicht in den eigenen Depots, sondern in den Fettzellen der Muskeln und des Fettgewebes. Dieser Mechanismus macht Zucker tatsächlich zu einem wesentlichen Risikofaktor für die Entstehung krankhaften Übergewichts. Besonders auf die Hüften geht dabei der Zuckerzuschlag, den wir uns nebenher in Form von Haushaltszucker gönnen. Maximal 50 Gramm täglich gesteht uns die Weltgesundheitsorganisation pro Tag als vertretbare Dosis zu. Diese Höchstmenge überschreiten wir spielend ums Doppelte. Etwa 35 Kilogramm verzehrt jeder Deutsche jährlich. Das sind 100 Gramm Zucker oder 34 Zuckerwürfel täglich.

Zucker, Zucker, überall Zucker!

Der von Ernährungsexperten angeprangerte Zuckerüberschuss steckt vor allem in industriell verarbeiteten Produkten, in Schokolade und Schokoladeerzeugnissen, Bonbons und Zuckerwaren, in Backwaren, Knabberartikeln, Brotaufstrichen und Milchprodukten. Zucker lauert darüber hinaus in Fertiggerichten, in Fleischsalat, aber auch in unverdächtigen Produkten wie Schinken, Rotkohl, Salatdressing, Fertigpizza und Leberwurst. Und er steckt vor allem in Süßgetränken, in Softdrinks aller Art. Obwohl Zuckerkritiker wie "foodwatch" den regelmäßigen Konsum gesüßter Getränke als eine Hauptursache für die Entstehung von Übergewicht, Adipositas, Typ-2-Diabetes und anderer chronischer Erkrankungen geißeln, können wir auf den flüssigen Süßkram offensichtlich nicht verzichten. In puncto Pro-Kopf-Verbrauch an Softdrinks gehören wir mit jährlich etwa 84 Litern zur Weltspitze der Zuckersünder.

Wie kommen die Löcher in die Zähne?

Noch bevor sich der überschüssige Zucker als Fett um unsere Hüften schmiegt, macht er die Zähne kaputt. Genauer gesagt, er löst Karies aus. Karies ist eine Zahnerkrankung, die durch den Stoffwechsel von Bakterien im Zahnbelag entsteht. Die Bakterien geben Säuren ab, die den Zahnschmelz angreifen, mürbe und porös machen. Dadurch können Mikroorganismen in den Zahn eindringen und ihn von innen heraus aushöhlen. Und was hat das mit dem Zucker zu tun? Sehr viel, eigentlich alles: Die säureabgebenden Bakterien im Zahnbelag ernähren sich von den Kohlenhydraten in der Nahrung. Der leicht verdauliche Haushaltszucker liefert ihnen die lebensnotwendige Energie für ihr Zerstörungswerk in Hülle und Fülle. Aber vor allem Softgetränke baden den Bakterienflor geradezu in reinstem Zuckerüberfluss. Da gibt´s nur noch eins: Bitte schön lächeln!

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