Wenns ich das Kollektiv erinnert Wie wir unser Selbst- und Weltbild formen
Das kommunikative Gedächtnis ist eine Art soziales Kurzzeitgedächtnis. Hier ist die gemeinsame Erinnerung von Generationen abgelegt, die Themen, Ereignisse und Wertvorstellungen teilen. Die Menschen pflegen den direkten und persönlichen Austausch. Traditionen und Erfahrungen werden mündlich überliefert; sie können von der offiziellen Geschichtsschreibung abweichen und ändern sich in einem Rhythmus von etwa 80 Jahren oder drei Generationen. Beispiel DDR: Wer heute in Ostdeutschland zur Schule geht, hat Eltern und Großeltern, die vom Leben im "Arbeiter- und Bauernstaat" aus eigener Erfahrung berichten können.
Weit zurückliegende Erinnerungen
Das kulturelle Gedächtnis speichert dagegen "Vorkommnisse" etwa aus den Bereichen Religion, Geschichte, Literatur, Musik, Malerei und Architektur, die niemand mehr aus persönlichem Erleben kennt. Sie sind über Generationen hinweg bedeutsam und büßen - manchmal nach Jahrtausenden - nichts von ihrer Wichtigkeit ein (Beispiel: Entstehung der christlichen Religion). Auf dieses überlieferte Wissen beziehen sich zahlreiche Traditionen und Bräuche.
Auch wenn es uns oft nicht bewusst ist, begegnen wir täglich dem kulturellen Erbe - wenn wir Schlösser, Gebäude und Denkmäler sehen, beim Kirchgang, im Museum oder wenn Medien über archäologische Funde berichten.
Dank des kulturellen Gedächtnisses bildet sich ein Zeit- und Geschichtsbewusstsein, die Menschen können bei der Konstruktion ihres Selbst- und Weltbildes darauf zurückgreifen. Das kulturelle Gedächtnis fördert die Gruppenbildung, in der Sendung ist vom "geistigen Zusammenhalt" einer Gemeinschaft die Rede.