Warum Staaten sich abschotten Glossar
| Begriff | Erklärung |
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| Belfaster "Friedenslinien" | 1921/22 wurde das von Großbritannien besetzte Irland zwar unabhängig, doch die Briten wollten vom Norden der Insel nicht lassen. Die Teilung des Landes war damit besiegelt. Jahrzehntelang wurden die Katholiken in Nordirland von der protestantischen Mehrheit, die sich als britisch verstand, diskriminiert. Ende der 1960er Jahre bildete sich unter den nordirischen Katholiken eine revolutionäre Stimmung. So begannen die "Troubles", ein blutiger Bürgerkrieg, der zwischen 1969 und 1998 mehr als 3.500 Tote forderte und in dessen Verlauf etwa 15.000 Bomben detonierten.
1998 startete die von Tony Blair geführte britische Labour-Regierung Friedensgespräche. Tatsächlich kam es am Karfreitag, dem 10. April 1998, zum Vertragsabschluss: Nordirland erhielt einen semi-autonomen Status, Katholiken und Protestanten einigten sich darauf, künftig gleichberechtigt in der Provinzregierung zu kooperieren. Bislang funktioniert die Teilung der Macht auf den Ebenen Politik und Verwaltung. Man schießt nicht mehr aufeinander, der Friedensprozess hält. Privat bleiben Katholiken und Protestanten aber lieber unter sich. Sie schicken ihre Kinder in getrennte Schulen und "verschanzen" sich in ihren Vierteln, die oft schon seit den späten 1960er Jahren mit Sicherheitszäunen ("Friedenslinien") aus Draht und Stein umgeben sind. Befragungen förderten zutage, dass die "Friedenslinien" Ressentiments verstärken. Menschen, die nach dem Mauerbau geboren wurden, sind heute hasserfüllter als ältere Iren. Versuche, durch Wohnbauförderung gemischte Siedlungen zu schaffen, sind bislang gescheitert. Noch immer ist die Verbitterung auf beiden Seiten groß. Die Wunden vernarben nur langsam, verheilt sind sie noch längst nicht. |
| Berliner Mauer | 1961 drohte die DDR "auszubluten". Wegen der schwer zu überwindenden Sperranlagen an der innerdeutschen Grenze verlagerte sich die Abwanderungsbewegung in zunehmendem Maße nach Berlin, wo man noch immer - im wesentlichen ungehindert - von Ost nach West gelangen konnte. Schon zu Beginn des Jahres 1961 wurden mit Flüchtlingszahlen zwischen 13.000 und 16.000 Personen pro Monat Höchstwerte erreicht. Anfang August stimmte die UdSSR dem von der DDR-Führung vorgeschlagenen "Mauerbau um West-Berlin" zu. In der Nacht vom 12. zum 13. August 1961 errichteten Volkspolizei, Nationale Volksarmee und so genannte Betriebskampfgruppen entlang der durch Berlin verlaufenden Sektorengrenze Stacheldrahtverhaue und Steinwälle. In den folgenden Tagen wurde eine Mauer gebaut. Die DDR war nun vollständig abgeriegelt. Die Gesamtlänge der Berliner Mauer betrug 155 Kilometer. Ein Schießbefehl zur Verhinderung von "Grenzdurchbrüchen" kostete zwischen 1961 und 1989 mindestens 239 Flüchtlinge das Leben. Am 9. November 1989 fiel die Mauer unter dem Ansturm tausender Ostberliner. |
| Chinesische Mauer | Das größte von Menschen errichtete Bollwerk ist nach neuesten Messungen knapp 9.000 Kilometer lang. Der Aufbau der Chinesischen Mauer erfolgte über Jahrhunderte in mehreren Phasen, Bauarbeiten bereits im 5. Jahrhundert vor Christus sind belegt. Teile der Anlage verfielen zeitweise und wurden wieder neu aufgebaut.
Anstrengungen, eine durchgehende Verteidigungsanlage zu schaffen, fallen in die Zeit der Ming-Dynastie (14. bis 17. Jahrhundert). Die Mauer schottete die nördliche Landesgrenze Chinas nicht ab, sondern war vor allem für Händler durchlässig. Im 17. Jahrhundert überrannten nordasiatische Steppennomaden die Chinesische Mauer. |
| Gated Communities | In den Großstädten der westlichen Industrienationen, aber auch in Schwellenländern wie Brasilien und Südafrika, schafft die Mittel- und Oberschicht besondere Rückzugsorte, um sich vor einer realen oder gefühlten Bedrohung zu schützen. So werden geschlossene, von der übrigen Gesellschaft getrennte Wohnanlagen gebaut, die über Sicherheitseinrichtungen, Video-/Alarmanlagen und Sichtschutz verfügen. Private Wachdienste schützen die Anlagen. Kritiker warnen vor "Inselbildung" und der Trennung von Gesellschaften in wohlhabende "Sicherheitsbesitzer" und Menschen, die sich dieses Luxusgut nicht leisten können. |
| Israelische Mauer (West Bank Wall) | Das Hauptargument für den Bau einer 750 Kilometer langen Sperranlage gegenüber dem palästinensischen Westjordanland war im Jahr 2002 der Schutz der Bürger Israels vor Anschlägen arabischer Terroristen. Die Mauer, die auf palästinensischem Gebiet verläuft, besteht heute aus Stacheldrahthindernissen, Gräben, Elektrozäunen, Kameraüberwachung und einer Straße für Patrouillen. Kritiker des Mauerbaus werfen der israelischen Führung Landraub und die Annexion von Palästinensergebieten vor. Mit der Mauer, so ein weiterer Vorwurf, soll die Schaffung eines Palästinenserstaates unmöglich gemacht werden. Im Juli 2004 erklärte der Internationale Gerichtshof in Den Haag den israelischen Sperrzaun für illegal. |
| Koreanische Mauer | Nach der Vertreibung der japanischen Besatzer teilten die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, die Sowjetunion und die USA, Korea in einen Nord- und einen Südteil auf. Trennlinie war der 38. Breitengrad. Im Juni 1950 trat das kommunistische Nordkorea überraschend zum Angriff auf das pro-amerikanische Südkorea an. UNO-Truppen wurden zur Abwehr entsandt. Auch die Chinesische Volksrepublik griff mit "Freiwilligen" in den Konflikt ein. Nach heftigen Kämpfen wurde im Juli 1953 ein Waffenstillstand vereinbart. Demarkationslinie war erneut der 38. Breitengrad. Die Grenze, die die koreanische Halbinsel auf einer Länge von 248 Kilometern durchschneidet, wurde auf beiden Seiten stark befestigt und ist bis heute nahezu undurchlässig. |
| Melilla und Ceuta | Melilla (13,5 Quadratkilometer Fläche) und Ceuta (18,5 qkm) sind spanische Städte an der marokkanischen Küste. Melilla wurde 1497 während des Aufbaus der spanischen Monarchie unter den Katholischen Königen erobert, Ceuta wurde 1668 nach Auseinandersetzungen mit Portugal spanisch. Heute sind Melilla und Ceuta Vorposten Europas auf afrikanischem Boden. Um Zuwanderer daran zu hindern, nach Melilla und Ceuta zu gelangen, wurden Zaunanlagen mit einer Länge von 10,9 beziehungsweise 8,2 Kilometern errichtet. Die Sperren verfügen über Hightechausstattung und scharfkantige Drähte. Trotzdem kommt es immer wieder zu Massenanstürmen von Armutsmigranten. Zur Abwehr setzt die marokkanische Polizei, die die EU-Grenzschützer unterstützt, auch Schusswaffen ein. Für seine Kooperation erhält das Königreich Marokko von der EU Vorzugsbehandlung beispielsweise in Visafragen und Hilfsgelder. |
| Tortilla Curtain | Seit 2005 forcieren die USA ihre Bemühungen, die zahlreichen illegalen Arbeitsmigranten (US-Grenzschützer nennen sie "Aliens"), die versuchen, über Mexiko nach Nordamerika zu gelangen, an der Einreise zu hindern. Dazu wird die etwa 3.100 Kilometer lange Grenze zwischen San Diego im Westen und Brownsville im Osten streng überwacht. Mauern trennen die Grenzstädte, zusätzlich wurde ein über 1.000 Kilometer langer Sperrzaun mit Kameras, Bewegungsmeldern und Flutlichtanlagen errichtet. Auch Überwachungsdrohnen kommen an der amerikanisch-mexikanischen Grenze zum Einsatz. |
| Zypern, Teilung | 1878 trat das Osmanische Reich die Mittelmeerinsel Zypern an Großbritannien ab. Die Kronkolonie Zypern erhielt 1960 die Unabhängigkeit und wurde Republik. Türkische und griechische Bevölkerungsteile in dem neuen Staat begegneten einander von Beginn an mit Misstrauen. Griechische Zyprer forderten immer lauter den Anschluss der gesamten Insel an das "Mutterland". Ab Mitte der 1960er Jahre kam Zypern nicht mehr zur Ruhe und als 1974 die zyprische Nationalgarde mit Unterstützung des griechischen Militärregimes putschte, ließ die türkische Regierung Truppen landen und besetzte 37 Prozent der Insel. Später wurde die "Türkische Republik Nordzypern" proklamiert, doch eine internationale Anerkennung blieb aus. UN-Soldaten mussten fortan die Demarkationslinie bewachen. Die Trennlinie zwischen dem griechischen und türkischen Inselteil verläuft quer durch die Hauptstadt Nikosia und kann seit einigen Jahren wieder von der Bevölkerung passiert werden. Die Republik der Zyperngriechen wurde 2004 EU-Mitglied, 2008 Euro-Land. |