Bayern genießen Mag(g)i(e) - genießen im November
Auch in unseren aufgeklärten Zeiten freuen wir uns über die Wunder der Natur und die zauberisch anmutenden gleichsam magischen Künste mancher Mitmenschen. Und dann wäre da noch die Maggiflasche, das Gewürz aus Lohr am Main. Also Genußthemen zuhauf.
Die Themen von Bayern genießen im November
Himmlische Kugel. Der Meteorit aus dem oberbayerischen Machtenstein.
Steinerne Rinne. Der Wachsende Fels im niederbayerischen Usterling.
Starker Zauber. Der Magische Zirkel in Nürnberg.
Große Kunst. Der schwäbische Ballonkünstler Tobi van Deisner
Gläserner Erfolg. Eine Flasche aus dem Spessart macht Karriere.
Geheimnisvolle Würze. Wie der Geschmack ins Essen kommt.
Auch wenn es manchmal so scheint, als könnten sich Sonne und Sommerwärme noch einmal durchsetzen – die Priester im alten Babylon beispielsweise, wussten, dass die Sonne jetzt keine Chance mehr hat. Sie haben im Gegensatz zu ihren ungebildeten Untertanen genau berechnet, wann die Sonnwenden sind, wann Frühjahr und Herbst kommen, wann die besten Zeitpunkte für Saat und Ernte sind.
Die einfachen Leute dagegen haben befürchtet, dass die Sonne stirbt und konnten nur hoffen, dass sie wieder aufersteht.
Sie haben das Wissen um die rechten Zeitpunkte deswegen „magisch“ genannt, nach den Priestern, die „mager“ oder „magoi“ geheißen haben, den „Magiern aus dem Morgenland“ der Bibel. Die Magier markieren den Beginn von Wissenschaft und Religion gleichermaßen. Und die ganze Magie war zum Wohl des Staates, in dem alle Menschen in den Genuss geordneter Verhältnisse kamen. Und selbst in unseren aufgeklärten Zeiten freuen wir uns über die Wunder der Natur und die zauberisch anmutenden gleichsam magischen Künste mancher unserer Mitmenschen. Ein Magie – Genussthema ein Genussthema also par excellence! Das sind unsere Themen heute:
Oberbayern:
Der Meteorit aus Machtenstein im Dachauer Hinterland
Alle Magie der alten magoi hat mit dem Blick zu den Sternen begonnen. Und bloß, weil unser Blick von dem ganzen Geleucht und Gelichter der modernen Welt am Boden gehalten wird, glauben wir, dass es in der Welt keinen Zauber mehr gibt.
Aber wenn wir nur einmal aufschauen, in einer sternklaren Nacht, wird uns das Wunder, das wir erleben dürfen klar. Und dann gibt es Ereignisse, die machen uns radikal klar, welch kleiner Ball unsere Erde ist in einem gigantischen Kosmos. Zum Beispiel wenn andere Elemente aus dem All plötzlich auf der Erde landen. Rätselhaft ist das Gefühl wenn man einen Meteoriten betrachtet – das Wissen, dass er einmal durch die unendliche Eiseskälte des Weltalls geflogen ist, umgibt ihn mit einer schon fast magischen Aura….
Erst vor kurzem ist ein neuer Meteorit in Bayern aufgetaucht – und es ist tatsächlich auch eine magische Geschichte, dass seit seinem Fall auf die Erde über 50 Jahre vergehen mussten, bis er überhaupt als Himmelskörper erkannt wurde. Der himmlische Brocken wird derzeit in der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlung aufbewahrt und wird einmal im geplanten bayerischen Naturkundemuseum im Schloss Nymphenburg einen Ehrenplatz bekommen. Bis dahin schauen wir, wenn man so will, mit dem Ofenrohr ins Gebirg.
Niederbayern und Oberpfalz:Der wachsende Fels in Usterling
Das Wort „magoi“, ist verwandt mit dem „mögen“, dem „ver-mögen“, mit „Macht“ und mit der mächtigen „Maschine“. Der „Magister“, der „Meister“, das griechische „mega“ und das lateinische“ magnus“ für „groß, mächtig“ gehören genauso zu der Verwandtschaft wie das indische Wort „Maha“. Der Maha-Raja ist der Große König und Mah-Atma, wie etwa Gandhi genannt wurde, ist die große Seele. „Wissen ist Macht“ – was schon für die Priesterkönige der Antike und ihr staunendes Volk gegolten hat, gilt auch heute noch. Und das Staunen über außergewöhnliche Fähigkeiten von Menschen und die Geheimnisse der Natur, das Staunen gibt es auch noch immer.
Wobei sich Wissen und Staunen nicht ausschließen. Wir wissen heute im Einzelnen über gewisse Naturphänomene Bescheid und können trotzdem staunen. Zum Beispiel über einen wahrhaft magischen Ort wie den wachsenden Felsen von Usterling bei Landau in Niederbayern. Wobei steinerne Rinnen gar nicht so selten sind. Was besonderes aber ist, dass in Usterling Staunen und Wissen, Wunder und Pflege seit uralten Zeiten zusammenkommen.
Ober und Mittelfranken
Der Magische Zirkel von Nürnberg
Wissen kommt vom Zuschauen. Das Aufschauen zu den Sternen, die Gesichte, das Sehen der Magier heißt in der indoeuropäischen Ursprache „veid“ oder „vid“. Diese Wurzel steckt drin im lateinischen „video“ = „ich sehe“ genauso wie im griechischen Wort „Idee“, das auf „idein“ = sehen zurückgeht. „Vid“ findet sich aber auch im deutschen „Wissen“, im „Weissagen“, in der „Weisheit“ und im „Witz“. Wissende Menschen sind „gewitzte“ Menschen. Was die uns voraus haben, das macht uns Staunen. Und die Idee, die uns überrascht, die plötzliche Einsicht, die unerwartete Wendung hat uns schon immer zum Staunen und gleichzeitig zum lachen gebracht. Die meisten Witze leben heutzutage von überraschenden Wendung, die wir lächerlich finden.
Und letztendlich ist die Überraschung auch das Geschäft unserer zeitgenössischen Magier, über die wir uns freuen und lachen können. Und seltsam: Diese moderne Art von Zauberei hat wieder ganz viel mit dem Sehen zu tun.
In Nürnberg treffen sich die Mitglieder des Magischen Zirkels im Zauberturm an vielen Sonntagen kann dort ein kleiner Kreis von nur 26 Zuschaueren die Vorführungen besuchen. Sogar ein echter ehemaliger Weltmeister ist dabei.
Schwaben: Der Ballonkünster Tobi van Deisner
Magie ist Sehen, Schauen, Show. Einer der damit in letzter Zeit richtig Furore gemacht hat, ist der Ballonkünstler Tobi van Deisner aus Offingen bei Günzburg. Ihm gelingt es regelrecht seine Zuschauer zu verzaubern. Tobi van Deisner schafft es ganze Kunstwerke aus bunten Ballons in seiner Show zu kreieren, wie zum Beispiel einen Taucher mit Maske, Sauerstoffflasche und Brille. Und plötzlich ist er selber im Luftballon, den er grad aufgeblasen hat.
Mit Auftritten in ganz Europa ist der Europameister und Weltrekordhalter der Ballonkünstler mittlerweile ein richtiger bayerischer Superstar.
Die nächsten Termine des schwäbischen Ballonkünstlers
8. November im Legoland Günzburg,
9.November im Statt Theater in Regensburg,
11. – 14 November auf der Messe Elektronika in München und
17.April 2015 im Bürgerhaus Senden bei Neu-Ulm.
Mainfranken: Magie und Maggi
Die Wurzel „vid“ für „sehen“ steckt übrigens auch drin im Druiden, dem berühmten keltischen Seher und Priesterzauberer, von dem zumindest alle Asterix-Leser wissen, dass er Zaubertränke anrührt. Womit wir in dieser „Bayern genießen“-Sendung gewissermaßen zur kulinarischen Seite des magischen Genusses kommen. Was bitteschön ist magischer als das Kochen, bei dem die Zutaten komplett verwandelt werden, bei dem sich Gerüche und Geschmäcker ändern, bei dem letztlich das Fressen und Gefressenwerden der Natur auf wunderbare Weise zur menschlichen Kultur des Essens wird? Und doch hat diese Kultur stets auch mit Natur zu tun. Im Spessart etwa, dem mit dunklem und dichtem Wald gesegnete Mittelgebirge im Dreiländereck Hessen-Baden-Württemberg-Bayern. Der Spessart war schon immer ein Landstrich, der die Phantasie der Menschen angeregt und zu „magischen“ Zuschreibungen animiert hat.
Vom „Wirtshaus“ oder dem „Spukschloss im Spessart“ über die sagenumwobenen Spessarträuber bis hin zum Grimmschen Märchen von Schneewittchen, dessen historischer Hintergrund ebenfalls im Spessart angesiedelt sein soll. Jedenfalls: Der Spessart ist ein Ort, wo Mythen, Märchen und Magie beheimatet sind. Und auch ein – ja, nennen wir es ruhig „magisches“ – Elixier wäre ohne den Spessart nicht das, was es ist: eine Art Zaubertrank aus einer braunen Glasflasche.
Der Tradition der Glasproduktion in Lohr am Main widmet das Spessartmuseum eine Sonderausstellung zum 125-jährigen Bestehen der hiesigen Glashütte: „Spessart-Glas in aller Welt“ heißt die Ausstellung, die am 19. Dezember eröffnet und bis September 2015 andauern wird. Etwa 300 Einzelobjekte werden zu Sehen sein – und natürlich sind auch einige besonders magische „Maggi-Flaschen“ aus der Lohrer Glashütte dabei.
München:
Die Maggiwürze - ein Dauerbrenner für den Geschmack
Verzeihen Sie uns die Wendung von Magie zu Maggi. Aber, Sie wissen ja. Magie funktioniert nicht ohne Witz, Wissen und Weisheit. Und so verstanden ist der Witz beim Kochen das Wissen ums Würzens.
Weswegen wir uns nochmal eingehender nicht nur mit der Maggiflasche, sondern auch ihrem magischen Inhalt befassen wollen. Im Mund kann der Mensch bekanntlich vier verschiedene Geschmacksrichtungen unterscheiden: Süß, sauer, Salzig und bitter. In den letzten Jahren haben japanische Wissenschaftler entdeckt, dass noch eine fünfte Geschmacksrichtung dazukommt: Umami, das ist die Konzentration des Geschmacks, die Harmonie und das Erzeugen eines vollkommenen Mundgefühls – wie sie beispielsweise beim Fleischgenuss entsteht.
Vor allem Salz verstärkt den Geschmack der Speisen und das ist meist auf reichlich vorhanden in den sogenannten „Geschmacksverstärkern“. Das sind Hilfsmittel, die übrigens jede Nation kennt: Dazu gehört die Sojasauce der Japaner, die Fischsauce der Thailänder, die ganz ähnlich schon bei den Römern als Garum bekannt war, dazu gehören Teriyaki und Austernsauce genauso, wie die Worcestershiresauce der Engländer, die seit 1837 hergestellt wird. Die Basis ist jeweils verschieden, der Effekt aber ähnlich: den Geschmack von Speisen verstärken oder Geschmack hineinbringen, wo keiner ist. Das bekannteste Erzeugnis dieser Art in der deutschen Küche: die Maggiwürze.
Genusstipp
Einen Brühwürfel selbst herzustellen ist schwierig, aber mit einer guten, selbstgemachtenBrühe, kann man ihn wunderbar ersetzten, egal, ob mit Gemüse, Hühner. oder Fleischbrühe. Um nicht jedes Mal wieder von Neuem anfangen zu müssen, empfiehlt es sich einmal eine größere Menge zu kochen und einzugefrieren. Praktisch dafür sind Eiswürfelbehälter, denn so kann man die Brühe oder den Fond gut dosieren.
Eine andere Möglichkeit ist es die Brühe heiß in Schraubdeckelgläser zu füllen und im Kühlschrank aufzubewahren.
Nachtrag:
Das Wort „zaubern“ hängt übrigens zusammen mit dem alten bairischen Wort „tobern“, was soviel wie „zwingen“ bedeutet und dem „Tobel“, in den das Gebirgswasser zuweilen gezwungen wird. Es hat aber auch zu tun mit dem „Dowan“, wie früher die bairischen Hafner den „Ton“ genannt haben, den sie durch den Zwang ihrer Hand umgeformt, verwandelt haben, zu neuem, künstlichem Leben erweckt. Das Können der Hafner, die das wahrscheinlich älteste Handwerk der Menschheit ausgeübt haben, mag den Zuschauern der Frühzeit wahrlich magisch vorgekommen sein. So magisch, dass sie sich Gott den Herrn ebenfalls als Hafner vorgestellt haben: Gott der Herr schafft Adam, den ersten Menschen aus Lehm. Adama heißt auf hebräisch Lehm, Erdboden, auf bairisch eben „Dowan“, zu deutsch Zauber. Das Leben also ist das größte Wunderwerk, der größte Zauber von allem, und wer das sehen kann, der ist tatsächlich ein Magier. Vielleicht keine schlechte Idee für den heutigen Allerseelensonntag.
Redaktion und Regie: Gerald Huber