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Die Rasenspezialisten In der Saatzucht in Steinach bei Straubing

Schön satt mittelgrün soll der Rasen sein und trittfest, langsam wachsen, damit man nicht so oft mähen muss. Damit der Rasen ein Genuss wird, braucht es zuerst das richtige Saatgut. Das kommt seit fast hundert Jahren aus Steinach bei Straubing. Birgit Fürst hat in der Saatzucht Steinach versucht, das Gras wachsen zu hören.

Von: Birgit Fürst

Stand: 07.03.2016 | Archiv

Das Gras hört man zwar nicht wachsen, aber der Rasenmäher lärmt in einem der Gewächshäuser der Saatzucht Steinach. Er ist auf ein Metallgestell montiert und mäht winzige Pflänzchen in winzigen Töpfchen, aber nicht am Boden, sondern auf einem Pflanztisch, wie man ihn aus der Gärtnerei kennt. In den Töpfchen auf dem Tisch daneben schaut ein Teil der Rasenpflänzchen ziemlich vertrocknet aus - das ist gewollt so. Die zarten Stängel leiden an einer Krankheit, an der bakteriellen Welke, erklärt Zuchtleiter Christof Böhm:

"Wir haben einen Erreger mittels Schnittinfektion übertragen. Wir haben spezielle scheren, da tropft diese bakterienlösung drauf und wir schneiden die Pflanzen, und die anfällligen sterben ab."

Zuchtleiter Christof Böhm

Anfällige Pflanzen überleben nicht

Die nicht so anfälligen Pflanzen überleben. Ihre resistenten Samen sind wertvoll für weitere Versuche. Es ist wie die Suche nach Nadeln im Heuhaufen. Gräser für Rasen sollen schön grün sein, langsam wachsen, damit man nicht so oft mähen muss, trittfest, damit beim Fußballspielen nicht die Büschel durch die Luft fliegen und resistent gegen alle  möglichen Krankheiten oder Pilze. Natürlich gibt es bewährte Arten wie die Wiesenrispe oder das deutsche Weidelgras, die ein paar dieser Eigenschaften haben. Doch der Klimawandel stellt sie vor neue Herausforderungen.

"Wir werden eine Verschiebung bekommen beim Erregerspektrum, bei Krankheitserregern. Es werden andere Insekten kommen, und wir haben andere Klimaverhältnisse. Damit werden sich unsere Anforderungen in der Züchtung verschieben, so geht es auch in der Wissenschaft darum zu erfahren: Was bewirkt die Trockenheit, was bewirkt der Wassermangel, wie wirkt er in welchen Arten und vor allem unter welchen Nutzungsregimen. Das ist sehr mulitfaktoriell."

Christof Böhm

Gen-Forschung ja, Gen-Manipulation nein

Entsprechend schwierig ist es, den richtigen Riecher zu haben, welche Unterarten mit welchen Eigenschaften man miteinander kreuzt. Im Labor werden Pflanzenteile auf ihre genetischen Eigenschaften untersucht und bestimmte Pflanzen dann gleich aussortiert. Es wird an den Genen geforscht, aber nicht manipuliert, erklärt Geschäftsführer Thomas Eckardt.

"Wir arbeiten mit Hammer und Meißel. Wir haben keine Gentechnologie. Wir betreiben zwar Biotechnologie an sich, das heißt, bestimmte analyseverfahren wie zum Beispiel Marker zu finden für bestimmte Merkmale, bestimmte Genkonstrukte in der Pflanze weisen darauf hin, dass diese Pflanze resistent ist gegen bestimmte Krankheitserreger."

Geschäftsführer Thomas Eckardt

Schillernde Gründer-Figur

Außerhalb des Labors arbeiten die Saatzüchter hier wie vor knapp hundert Jahren, als die Saatzucht Steinach gegründet wurde. Der Gründer war eine schillernde Figur, ein Börsenspekulant, der sich ein schickes Schloss bauen und Operndiven aus München zu Konzerten hierher kommen ließ. Und natürlich züchtete Karl August von Schmieder Rennpferde:

"Die damalige Haute Volee ging zum Pferderennen, und die Pferde waren von der Genetik Eins A, aber die haben nie was gewonnen und dann stellte sich die Frage, woran liegt es? Dann kam man zu dem Schluss, dass die Futtergrundlage eventuell nicht hinreichend ist. Und aus diesem Bedürfnis heraus, die Pferde zum Sieg zu führen, wurde mehr Augenmer aufs Grünland gelegt. Und anschließend kam der erste Weltkrieg und hat das Ganze nochmal ganz anders forciert aufgrund der hungernden Bevölkerung."

Thomas Eckardt

Karl August von Schmieder sammelte also Fachleute um sich, und die deutsche Grünlandbewegung nahm in Steinach ihren Anfang. Gräser so züchten, dass sie mehr Energie beinhalten, war das Ziel. Bis heute werden in Steinach Futterpflanzen verbessert und weiterentwickelt.

Aber seit den 1950er Jahren geht es auch um Rasen, insbesondere um Rasen für Fußballstadien. Überall in allen deutschen Bundesligastadien sind die Sorten aus Niederbayern im Einsatz, und vermutlich auch bei der EM demnächst in Frankreich. Klar, dass der Geschäftsführer der Saatzucht Steinach, Thomas Eckardt, nicht nur auf den Ball schaut.

"Ich kuck auf beides. eigentlich auf drei Sachen: Rasen, Ball und Spielverlauf. Das ist eins. Man sieht das schon, wenn beim Teckeln bestimmte Rasensoden rausfliegen: Der ist nicht gut festgewachsen."

Thomas Eckardt

Mühsamer Weg zum Verkauf

Zehn bis 15 Jahre dauert es von den ersten Versuchen in den Steinacher Gewächshäusern bis zu einer verkaufsfertigen Sorte. Größten Anteil daran haben die Leute hier, die scheinbar einfache Tätigkeiten verrichten. Im Gewächshaus sitzen sechs Frauen mit jeweils einem Schäufelchen voll Rasensamen in der einen und einer Pinzette in der anderen Hand. Die Samen sind so winzig, dass 1.000 Körner zwischen einem halben Gramm und zwei Gramm wiegen. Diese Mini-Körnchen legen die Frauen mit den Pinzetten in winzige Töpfchen. Strafarbeit für Daniela Bauer und Karin Kerscher?

"Des is koa Strafarbeit, es is einfach schee, mir gfoit des scho, i mach des scho gern, des Opflanzen, wenn man sieht, dass man das opflanzen kann und wie es dann wachst und dann schaun, dass überall ein Kerndl drin ist.... koa laare Hülle ned. Überall muss so ein Kern mit drin sa, dann wachst das."

Daniela Bauer und Karin Kerscher

Aus den Samen werden dann die kleinen Pflänzchen im Gewächshaus, die - sobald es das Wetter zulässt - ins Freie kommen. Dort müssen sie dann beweisen, dass ihre Nachkommen in zehn bis 15 Jahren als Unterlage für Schweinsteiger, Khedira oder Neuer taugen.


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