Karpfenzucht in Mittelfranken Wenn der Weiher abgelassen wird, beginnt die Ernte
Während man sich im wasserreichen Süden Bayerns auch an Forellen aus Bächen und Flüssen halten konnte, war man im eher wasserarmen Nordbayern von jeher auf die Teichwirtschaft angewiesen, die sich an geeigneten Orten, zum Beispiel im fränkischen Aischgrund, konzentriert hat.
"Wir sind's gewöhnt, mit Wasser sparsam umzugehen, wir sprechen ja auch von Himmelsteichen, das Wasser kommt vom Himmel und wird hier aufgefangen. ... Wir haben 7.000 Teiche und etwa 2.800 Hektar Teichfläche, also ist total klein strukturiert, ist auch eine Besonderheit, diese bäuerliche kleinsttrukturierte Teichwirtschaft gibt es in ganz Europa so in der Form nicht mehr."
Martin Oberle
Durchschnittlich 0,4 Hektar groß sind die Teiche im fränkischen Aischgrund, sagt Martin Oberle. Der Agrarwissenschaftler, der in einer Teichwirtschaft aufgewachsen ist, leitet in Höchstadt an der Aisch die Außenstelle für Karpfenteichwirtschaft, die zur Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft gehört. Oberles Metier ist die praxisnahe Forschung für die Teichwirte, aber auch die Ausbildung von Teichwirten und Spezialberatung, wenn es um den Teichbau geht.
In dem Landstrich zwischen Bad Windsheim, Erlangen und Bamberg reiht sich Weiher an Weiher, es ist das größte zusammenhängende Teichgebiet in Deutschland. Über die Jahrhunderte sind lange Teichketten entstanden, in den Weihern wächst eine ganz besondere fränkische Fischspezialität heran: der Aischgründer Spiegelkarpfen.
Und weil ein Fisch Wasser braucht, größere Flüsse aber, aus denen man für die Teichwirtschaft mal eben Wasser abzapfen könnte, in der Region Mangelware sind, sammeln es die Franken geduldig – das Wasser vom Himmel, das als Regen herunterkommt und das Wasser aus der Schneeschmelze.
Herbstlicher Höhepunkt - die Ernte
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Bis im Herbst die Karpfenernte ansteht und es ans Abfischen geht.
"Jetzt kömmer in Weiher neigehen."
Fischer
Fische poltern in den Bottichen, schlagen an den Wänden an. Um an die Fische ranzukommen, wird das über Monate gesammelte Wasser komplett aus dem Teich abgelassen – mit Hilfe des sogenannten Mönchs.
"Es ist die große Kunst, jetzt das Wasser so abzulassen, dass er zum Zeitpunkt der Abfischung in den frühen Morgenstunden genau den richtigen Wasserstand hat, und zwar sagt man, er muss fischig sein. ... fischig heißt, dass man um den Mönch herum, das ist da die Ablassvorrichtung, noch die Abfischgrube noch voll Wasser ist, aber nicht mehr oder nicht weniger."
Martin Oberle
Läuft zu viel Wasser ab, haben Reiher und Kormorane leichtes Spiel, um an ihre fischigen Leckerbissen zu kommen.
In dem winzigen Örtchen Kieferndorf bei Höchstadt an der Aisch im Landkreis Erlangen-Höchstadt steht Martin Oberle am Ufer des rund 600 Jahre alten Kieferndorfer Weihers. Der Weiher gehört mit rund 15 Hektar Größe zu den ganz wenigen großen Karpfenteichen.
Jetzt, in der kalten Jahreszeit, ist das frische Grün des Schilfs längst in welkes Winterbraun verwandelt, aus dem Wasser ragt einsam der Mönch.
"Ganz früher gab es vor allem ... noch keine Rohre, man hat Baumstämme ausgehöhlt, und das Wasser ist durch ausgehöhlte Baumstämme durch den Damm gelaufen, und im Teich ... war ein Loch in diese Baumstämme reingeschlagen, des verschloss man mit einem Schlegel, wie ein Holzpfropf in der Badewanne, musste man das ziehen, und dann ist das ganze Wasser abgeflossen, irgendwann im Lauf der Jahrhunderte hat man den Teichmönch erfunden, wer oder wie auch immer."
Martin Oberle
"Eine große Aufgabe"
Ob die technische Vorrichtung tatsächlich ein Mönch erfunden hat? Vielleicht, denn auch in den Klöstern wurde einst Karpfenzucht betrieben. Martin Oberle macht sich jedenfalls daran, den Mönch „zu öffnen“.
"Ist meistens ein Deckel drauf, damit keiner Unfug treiben kann, ich versuch mal, ihn zu öffnen, Moment bitte, ho-hopp ... und Sie sehen jetzt hier in diesem Bauwerk, ein U-förmiger Schacht mit drei Nuten, und in den letzten beiden hat man in der Regel Staubretter drinnen, und kann so den Teich komplett abdichten, und diese Bretter muss man nun langsam ziehen, der Reihe nach, ist oft eine schwere Arbeit, weil die gequollen sind, weil sie eben nicht glatt rausgehen, man muss auch aufpassen, dass man nicht reinfällt, ist eine große Aufgabe, ist nicht so einfach."
Martin Oberle
Karpfenfilet und Merrettich
Tag und Nacht ist ein Teichwirt damit beschäftigt, das abfließende Wasser genauestens zu dosieren. Nicht nur für die Fischernte ist es wichtig, dass der Weiher leer wird. Auch dem Teichboden tut es gut, wenn er an die frische Luft kommt.
"Es kommen unter dem Jahr verschiedene Sedimente durch den Regen rein in einen Teich, und es bilden sich da gewisse Schlammschichten im Teich, und wenn der Teichboden Luft bekommt, können diese Bakterien und Mikroorganismen im Teich diese organische Substanz wieder abbauen mit und die Schlammschichten werden so auch reduziert, wenn der Teichboden Luft bekommt."
Martin Oberle
Ist das Wasser abgelassen und sind die Aischgründer Karpfen herausgeholt, schlägt die Stunde all jener, die die Spezialität zu verarbeiten wissen. So wie Gastwirt Georg Rittmayer aus Willersdorf im Aischgrund.
"Ein Karpfenfilet auf Wurzelgemüse mit Meerrettichsauce. .... Das Besondere ist das Filet natur ohne Panade, den guten Karpfengeschmack, den saftigen, und natürlich die Kombination dazu mit Sahnemeerrettich und das Wurzelgemüse. Sehr lecker."
Georg Rittmayer
Karpfensülze und Karpfenfilets natur Format: PDF Größe: 10,71 KB