Die Fortschrittsverweigerer Amische in Bayern
Sie wollen ohne die Errungenschaften des technischen Fortschritts leben. Vor 100 Jahren sind die letzten Amischen aus Bayern nach Amerika ausgewandert. Ihre Traditionen pflegen heute die bayerischen Mennoniten. Joseph Berlinger berichtet über Altmodisches und Utopisches.
Eine junge Frau, um die 20, steigt in ein geschmücktes Taufbecken. Ihr ganzer Körper wird untergetaucht. Als sie wieder zum Stehen kommt, ist sie in die Mennonitengemeinde Regensburg aufgenommen. Getauft werden Mennoniten erst, wenn sie erwachsen sind und selbst entscheiden können, ob und was sie glauben wollen.
Bayerische Mennoniten
Mennonitische Gemeinden findet man heute noch da und dort in Bayern. Amische gibt es dagegen hierzulande nicht mehr. Sie sind vor gut 100 Jahren nach Amerika ausgewandert. In einem Staat mit allgemeiner Wehrpflicht konnten die entschiedenen Pazifisten und Kriegsdienstverweigerer nicht leben. Ihre mennonitischen Nachfahren sind weitaus offener und liberaler und weltzugewandter als die amischen Fundamentalisten, deren Gemeinden es heute noch in den USA gibt. Fundamentalisten sind bedrohlich, wenn sie ihre Überzeugungen eifernd, missionarisch oder gar gewaltsam vertreten. Fundamentalisten sind anregend, wenn sie ihre Ideen und Ideale unaufdringlich vorleben. Dann bringen sie den Rest der Welt dazu, sich zu hinterfragen. Macht uns der Konsum wirklich glücklich? Ist unsere Spaßgesellschaft nicht furchtbar langweilig? Sind wir nicht alle maßlose Egoisten und Narzissten?
Anders leben
Die Amischen in Amerika zeigen, dass man heute auch anders leben kann: Agrarisch und weitgehend ohne die Errungenschaften des technischen Fortschritts. Ihre Arbeit, ihr Familien- und Gemeinschaftsleben im Geiste der Bergpredigt gibt ihrem Dasein einen tiefen Sinn. Joseph Berlinger war mit einer Gruppe von Spurensuchern unterwegs. Gemeinsam haben sie eine mennonitische Gemeinde in Regensburg besucht und sind zu den Pachthöfen ihrer amischen Vorläufer gefahren.