Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Griechen in Bayern Lebenswege in alten und neuen Heimaten

Wie in den 60er Jahren suchen auch heute viele Griechen in Bayern wieder eine neue Existenz - heute wie damals aus wirtschaftlichen Gründen. Umgekehrt gibt es viele Spuren bayerischer Einwanderer in Griechenland. Bayern und Griechen - das war schon immer ein besonderes Verhältnis.

Von: Alkyone Karamanolis; Online-Fassung: Ulrike Ecker

Stand: 04.06.2015

Junger Grieche vor Glyptohek in München vor weiß-blauem Hintergrund | Bild: Colourbox/Montage BR

Fünf Jahre ist es her, dass der ehemalige griechische Ministerpräsident George Papandreou seinen Landsleuten reinen Wein einschenkte: die Finanzlage desolat, die Wirtschaft am Boden, der Staat vor dem Bankrott. Die stolze Nation stehe vor schweren Zeiten, so sein Fazit.

"Tagebuch eines Arbeitslosen"

Vor zwei Jahren hat der Athener Journalist Christoforos Kasdaglis eine Internet-Plattform gegründet, auf der Betroffene ihre Lebenssituation und ihre Verzweiflung in Form eines Online-Tagebuches schildern (in griechischer Sprache).

Aus dem Internet-Projekt ist mittlerweile ein Buchprojekt geworden.

In den Jahren danach legten IWF und EU milliardenschwere Hilfsprogramme für Griechendland auf und verordneten Land und Leuten im Gegenzug einen knallharten Sparkurs – mit existenzbedrohenden Auswirkungen für die "normale" Bevölkerung: keine Arbeit, kein Einkommen, keine Sozialversicherung.
Wer kann, sucht sich im Ausland einen neuen Job und eine neue Heimat, bevorzugt innerhalb der EU. Seit Ausbruch der Krise kamen fast 40.000 Griechen in den Freistaat - nicht zuletzt wegen der großen griechischen Gemeinden, die es in Bayern schon gibt. Sie lassen die neue Umgebung zumindest etwas weniger fremd erscheinen. Historisch sind die beiden Länder schon länger miteinander verbunden.

Hellas und Helles - eine griechisch-bayerische Spurensuche

Deutsche Grabmale auf dem Athener Friedhof - Zeugnisse gemeinsamer Geschichte.

Vor fast 200 Jahren waren es die Bayern, die nach Griechenland auswanderten. Im Gefolge des Wittelsbach-Prinzen Otto, der 1832 als König von Griechenland eingesetzt wurde, kam ein Heer von Soldaten, Beamten und Handwerkern nach Athen. Mit sich brachten sie auch das bayerische Reinheitsgebot genau so wie die bayerischen Nationalfarben: weiß-blau oder blau-weiß - je nach Perspektive.

Die neuen EU-Zuwanderer und ihre Lebenswege in Bayern

Anders als bei der Einwanderungswelle in den 60er Jahren kommen heute viele hochqualifizierte Menschen aus Griechenland, die in Bayern eine Arbeit suchen und auch hier leben wollen. Manche schaffen es, manche auch nicht. Da sind die Sprachbarrieren, da ist das Heimweh und da sind die Klischees und die Vorurteile der einheimischen Bevölkerung, denen die Griechen heute verstärkt begegnen.

"Man schimpft uns Faulpelze. Etwas was nicht stimmt. Diese schlechte Stimmung, diese Vorwürfe ... Ich glaube, die sind von der Politik gesteuert. Denn das ist entstanden, als Alexis Tsipras an die Macht gekommen ist. Seither hat sich viel verändert. Die griechische Regierung wird systematisch runtergemacht. Dabei kann es für Griechenland nicht schlechter werden als es schon war ,"

sagt Panagiota Gkakiou, 25, griechische Krankenschwester aus Nürnberg.

Die Krise hat vielen einen abrupten Richtungswechsel aufgezwungen. Doch trotz der Schwierigkeiten, die ein solcher Neuanfang mit sich bringt, leben viele Griechen gerne hier: Sie schätzen das Lebensgefühl in Bayern, die Ordnung und die Sicherheit.

"Was mir hier gefällt ist unser Lebensumfeld. Wir haben hier keine Angst. Angst vor einem Überfall oder vor Einbrechern. Ich sehe, dass meine Arbeit geschätzt wird; dass nicht über mich getuschelt wird. In Griechenland, wenn jemand aus dem Rahmen fällt - sei es durch seine Kleidung oder Lebensweise - wird gleich darüber geredet. Hier werde ich akzeptiert. Ich falle nicht weiter auf,"

sagt Tzoulia Baxevanidou, SAP-Entwicklerin, im Interview.

Alkyone Karamanolis - die Autorin im Porträt

Als langjährige Reporterin der Redaktion München kennt Alkyone Karamanolis Bayern eben so gut wie Griechenland, wo sie ihre familiären Wurzeln hat. Seit einigen Jahren pendelt die Journalistin zwischen dem Freistaat und Griechenland. Sie berichtet für den Bayerischen Rundfunk und die Radioprogramme der ARD über Menschen, Politik und Kultur, über scheinbar kleine Alltagsgeschichten genau so wie über die große Geschichte.


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