Zum Sonntag Mariä Lichtmess: Fest des Lichts und der Aufklärung
Reinhard Kardinal Marx betont die Bedeutung von Licht als Symbol für Aufklärung und Hoffnung, besonders im christlichen Kontext. Er warnt vor Verschwörungstheorien und Diskrimierung und fordert Menschlichkeit und Menschenwürde.
Licht und Dunkelheit bestimmen den natürlichen Lebens-Rhythmus. Auch wenn wir das längst nicht mehr so stark wahrnehmen durch jederzeit verfügbares künstliches Licht, fällt es uns gerade in den ersten Wochen des Jahres besonders auf. So ist es auch nicht verwunderlich, dass wir heute - am 2. Februar - das Fest Mariä Lichtmess feiern, an dem die Kerzen für die Gottesdienste gesegnet werden. Wir feiern zum Abschluss des Weihnachtsfestkreises noch einmal Christus, das Licht der Welt. Sein Licht tragen wir in unsere Welt, weil wir glauben, dass Christus die Welt erlöst hat. Er ist der Retter, der Messias, auf den wir setzen. Wir glauben nicht an selbsternannte Erlösergestalten und wir folgen ihnen auch nicht!
Das Licht vertreibt die Dunkelheit. Damit wird auch manches sichtbar, was im Dunkeln liegt. Auch das Ideal der Aufklärung zeigt, dass es darum geht, Denken, Vernunft und Handeln nicht von verdunkelt liegenden Motiven oder Verschwörungstheorien bewegen zu lassen, sondern möglichst vieles hell auszuleuchten. Dabei blenden wir auch die Dunkelheit und das Unheil in unserer Geschichte nicht aus; auch nicht in der Geschichte des Christentums. Es geht darum, mit wachem Verstand, mit offenen Augen und mit weitem Herzen die Wirklichkeit zu sehen und sich nicht in falschen Idealen, in Utopien oder gar in apokalyptischen Bildern zu verlieren. Insofern ist für mich die Verkündigung des Evangeliums wirklich Aufklärung!
Die Kraft, das Leben zukunftsfähig zu gestalten, entspringt dem wachen Blick auf die Realität und unserer Hoffnung, dass wir das Leben zum Besseren wenden können. Diese Hoffnung gründen Menschen, die an Gott glauben, nicht in sich selbst, sie stellen nicht ihre Eigeninteressen in den Vordergrund und ziehen um jeden Preis Macht an sich. Nein, diese Hoffnung gründet sich auf Gott, der will, dass die Menschen leben und dass sie gut leben. Wir warten und hoffen, dass Gott die Welt stets zum Besseren wendet, und wir engagieren uns dafür. Und das gilt - und man kann es offenbar in unseren Tagen nicht oft genug und nicht deutlich genug sagen: für alle Menschen. Gemeinsam ist uns allen das Menschsein - und zwar nicht, weil wir es uns selbst geben, sondern weil es uns geschenkt ist!
Diskriminierung und Menschenverachtung sind keine Namen Gottes. Vergessen wir das bitte auch im Wahlkampf nicht! Aber das gilt auch für die Kirche, denn auch sie hat Menschen diskriminiert und tut es in manchen Bezügen immer noch. Das ist nicht mit der Bibel vereinbar, und wir werden auch in der Kirche nicht aufhören, das weiter zu verändern. Doch auch im gesellschaftlichen und politischen Leben dürfen wir Diskriminierung und Menschenverachtung nicht hinnehmen.
In den vielen Herausforderungen, die derzeit auf der gesellschaftlichen und politischen Agenda stehen - bei uns und in anderen Ländern -, und die sicher nicht einfach zu lösen sind, gibt es eines, was nicht verdunkelt werden darf: Und das ist schlicht und einfach Menschlichkeit und Menschenwürde! Das ist Aufklärung im Geist des Evangeliums!