Bayern 2 - Zum Sonntag


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Zum Sonntag Donald Trump und seine Wahlkampf-Bibel

Eine Vermischung von Politik und Glaube wie derzeit in den USA ist in Deutschland nicht möglich, sagt Uwe Birnstein. Dazu tragen u.a. die Kirchen bei, die die Bibel als Lebenshilfe predigen und nicht als Waffe im Kampf gegen politische Gegner.

Von: Uwe Birnstein

Stand: 18.10.2024 14:54 Uhr

Zum Sonntag: Donald Trump und seine Wahlkampf-Bibel

Das ist mal wieder ein Gewusel auf der Frankfurter Buchmesse. Wer soll das eigentlich alles lesen? Um die 70.000 Neuerscheinungen wird es in diesem Jahr wieder geben. Das Tal des Jammerns hat die Buchbranche offensichtlich durchschritten. Die Umsätze steigen wieder, die Leselust auch, sogar bei jungen Menschen.

Eine besondere Bibel war auf der Buchmesse nicht zu sehen: Die "God Bless the USA-Bible", bei deren Verkauf US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump mitverdient. Es gibt sie nur im Direktversand in den USA. 60 Dollar kostet ein Exemplar, es gibt auch eine von Trump signierte Ausgabe, Preis: 1.000 Dollar. Neuerdings ist auch eine Spezialedition erhältlich: Die "The Day God Intervented"-Edition. In der Werbung heißt es: "Diese wunderschöne God-Bless-The-USA-Bible" wurde individuell geprägt, um an den Tag zu erinnern, an dem Gott während des Attentatsversuchs auf Präsident Donald J. Trump eingegriffen hat". Klug, dass die Herausgeber der Bibel keinen Stand auf der Frankfurter Buchmesse gemietet haben.

Die offensichtliche Vermischung von Personenkult und Bibel würde im Land der Dichter und Denker zu mehr als Naserümpfen führen. Erst recht, weil zur Zeit Bücher über das Mittelalter beliebt sind: Bücher, in denen der Weg der abendländischen Menschheit in die Aufklärung skizziert wird. Nicht romantisierend, sondern historisch zutreffend wird das Leben im Mittelalter geschildert, werden die Ängste und Hoffnungen der einfachen Menschen geschildert, die von allerlei Potentaten fremdbestimmt waren. Einen großen Stellenwert nehmen darin die Bibelübersetzungen ins Deutsche und ins Englische ein. Sie wurden verboten, denn die Machthaber ahnten: Wer die Bibel wirklich versteht, der wird nicht mehr alles mit sich machen lassen, der wird mit eigenen Augen und mit eigenem Verstand prüfen, ob die Obrigkeit nach Gott Willen handelt und Gutes im Sinn hat. Die verständliche Bibel war ein entscheidender Schritt hin zur Aufklärung und zur Demokratisierung.

So gesehen könnte es ja eigentlich ein Vorteil sein, dass sich durch Trump 120.000 Menschen mehr eine Bibel kaufen. Meine Befürchtung: Für die Trump-Fans ist diese Bibel kein Lesestoff, um weise und klug zu werden. Für sie ist die Trump-Bibel eine Art Reliquie - womit wir wieder im Mittelalter wären. Wobei es einen entscheidenden Unterschied gibt: Viele Heilige durch alle Zeiten schworen, bei Bewahrung durch ein Unglück, etwas für die Allgemeinheit oder fürs eigene Seelenheil zu tun: Eine Kirche zu bauen etwa oder - wie Martin Luther - ins Kloster zu gehen. Donald Trump hingegen nutzt sein Glück, bei einem Anschlag mit dem Leben davon gekommen zu sein, zum Geldverdienen. Ziemlich viel Geld. Seine Bibeln wurden in China gedruckt, berichtet die Nachrichtenagentur Associated Press. Stückpreis: etwa 3 Dollar. Ein satter Gewinn wird da erzielt mit dem Buch der Bücher.

Das eigentliche Ziel ist aber nicht nur, Geld zu verdienen. Dem Trump-Team geht es darum, seinem Boss einen Heiligenschein zu basteln. "Stellt Euch vor: Trump stellt sich auf eine Stufe mit Matthäus und Lukas", sagte Ex-Präsident Barack Obama fassungslos.

Dass hier in Deutschland solche Vermischung von Politik und Glaube nicht möglich ist, freut mich. Dazu tragen auch die Verlage bei, die Themen rund um die Bibel so aufbereiten, dass die Menschen verstehen, was gemeint ist. Und dazu tragen die Kirchen bei, die die Bibel als Lebenshilfe predigen und nicht als Waffe im Kampf gegen politische Gegner.


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