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Bayern genießen Spitz - Bayern genießen im September

Sich selbst zu loben ist ja eigentlich nicht erlaubt. Aber weil nach eigentlich immer eine kleine oder größere Lüge folgt, loben wir uns jetzt einmal selber und tun es eigentlich doch nicht. Wir präsentieren Ihnen Spitzengenuss bei Bayern genießen!

Stand: 31.08.2020 | Archiv

Bayern genießen: Spitz - Bayern genießen im September

Wie heißts richtig: Der Spitz oder die Spitze? Beides ist richtiges Hochdeutsch. Das Wort ist ein romanisches Lehnwort im Hochdeutschen. Spicus heißt auf Latein der Stachel, die Lanze oder die Getreideähre. Und im Lateinischen ist das Wort männlich, weswegen es auch im Deutschen zunächst immer männlich war: Der Spitz. In allen hochdeutschen Dialekten im Süden Deutschlands spricht man bis heute noch vom Spitz. Erst Luther hat daraus die Spitze gemacht. Wie er überhaupt an viele Wörter ein e hingehängt hat, das berühmte Luther-e.So ist aus der Tür eine Türe geworden, aus dem Zeh eine Zehe, aus der Sprach die Sprache, aus der Schand die Schande und vieles mehr. Besonders im Dativ gibt es hunderte Beispiele. Luther und seine Nachfolger sagen und schreiben im Lande statt im Land, dem Manne, statt dem Mann, in der Frühe statt in der Früh und vieles mehr. In Süddeutschland, vor allem in den katholischen Ländern ist dieses Luther-e immer abgelehnt worden. Weswegen alle Spitzen bei uns in Süddeutschland im Singular der Spitz heißen. Ganz besonders der Spitz im Fußball und beim Watten…

Hier unsere Genuss-Themen aus den bayerischen Regionen rund ums Motto "Spitz"

Oberbayern: Hoch gestiegen. Die Zugspitze oder besser der Zugspitz? Von Andrea Zinnecker
Niederbayern: Viel genutzt. Der Spitzwegerich und seine kulinarisch-medizinischen Anwendungen. Von Birgit Fürst
Oberpfalz: Fest geschlagen. Der Spitz beim Watten und im Fußball. Von Thomas Muggenthaler
Oberfranken: Fein gemacht. Spitze aus dem Frankenwald. Von Susanne Roßbach
Mittelfranken: Gut gespitzt. Anspitzer aus Mittelfranken. Von Petra Nacke
Mainfranken: Zart gekocht. Der Tafelspitz. Von Christiane Scherm
Schwaben: Spitz pass auf! Ein Hund kommt wieder in Mode. Von Viktoria Wagensommer

Der Zugspitz

Auch an das Gebirg hat Luther sein berüchtigtes e hingehängt, womit draus das heutige Gebirge geworden ist. So ein Gebirg besteht aus vielerlei Zacken. Dieses Wort hängt zusammen mit zucken, mit der Zunge und dem Zweig. Der Zugspitz ist damit nix anderes als ein Zackenspitz. Der Zugspitz? Selbstverständlich! Im 18. Jahrhundert war der Zugspitz noch ein männlicher Spitz. Eine Karte, die 2006 im Archiv des Münchner Alpinen Museums entdeckt wurde verzeichnet einen Weg zum Gipfel mit den Worten Übers Blath auf den Zugspitz. Womit nicht nur bewiesen war, dass unser höchster Berg früher männlich war, sondern auch, dass die Erstbesteigung der Zugspitze, die sich heuer zum 200. Mal jährt, nur eine offizielle Erstbesteigung war.

Übrigens der Gletscher auf dem Zugspitz und manch anderer im Alpenraum heißt Ferner. Auch dieses Wort stammt aus dem lateinischen und ist ein Erbwort aus unserer früher romanischen Sprache. Lateinisch perennare heißt lang dauern, überdauern, das Jahr überdauern. Und der ewige Schnee des Gletschers, der Firn tut genau das. Wenn früher im Bairischen vom letzten Jahr die Rede war, dann hat man oft fertengesagt. Ferten war das vergangene, das abgeschlossene, eben fer-tige Jahr. Und auch wenns schad (nicht schade!) ist: Der Schneeferner auf dem Zugspitz ist ziemlich fertig. Bald wird er im doppelten Sinn Schnee vom vergangenen Jahr sein.

Der Tafelspitz

Dass der Zugspitz ein richtiger Spiez ist, sieht man im Übrigen auch an seinen Zusammensetzungen. Es heißt eben nicht Zugspitzenkreuz oder Zugspitzenbahn. Auch in allen anderen Zusammensetzungen hat die Spitze einen schlechten Stand. Der österreichische Kaiser Franz Joseph hätt wohl nicht gewusst, was eine Tafelspitze sein soll. Er hat nur den Tafelspitz gekannt. Der war nämlich seine Leibspeis (nicht Speise!): Rindfleisch, das stundenlang in Brühe gekocht wird, und dann mit einer Krensoß serviert wird. Aber net bloß in Österreich - auch bei uns in Bayern steht Tafelspitz auf den Speiskarten (nicht Speisekarten!) der Wirtshäuser und Restaurants. In Franken ist er das klassische Hochzeitsessen. Selbstverständlich gibt's da viele Leib- und Magenrezepte. Zum Beispiel auf der Vogelsburg in Volkach im Landkreis Kitzingen. Da wird er ganz anders zubereitet als im restlichen Franken - und auch anders als normalerweis (nicht normalerweise!) in Unterfranken.

Der Spitzwegerich

Er ist eine Allerweltspflanze, der Spitzwegerich. Überflüssig zu erwähnen, dass natürlich niemand Spitzenwegerich sagt. Spitzwegerich heißt so, weil er lanzenförmige Blätter hat - im Unterschied zu den anderen Wegerichen, die allesamt eigentlich Wegkönige sind. Lateinisch rex, keltisch rix, althochdeutsch rich heißt König. Das Reich hängt damit zusammen. Und das Reich der Wegeriche ist vor allem der Weg. Sie vermehren sich nämlich über ihre klebrigen Samen, die an den Füßen von Menschen und Tieren haften. Ein Unkraut, möchte man meinen - aber was für eins! 2014 war der Spitzwegerich die Arzneipflanze des Jahres. Denn das unscheinbare Gewächs mit den spitzen Blättern und den winzig kleinen Blüten rund um den braunen Samenstand herum hat viele gute Eigenschaften. Er gilt als entzündungshemmend, reizlindernd, antibakteriell und hustenstillend. Man muss nicht lang suchen. Erika Stelzl aus dem Bayerischen Wald und ihre Kräuterpädagogikkolleginnen und -kollegen in ganz Bayern halten auch Kurse rund um den Spitzwegerich und zahlreiche andere Kräuter. Und hier ein paar Rezepte für den Spitzwegerich.

Die Spitze

Es gibt eigentlich nur eine Spitze, wo das e am Ende wirklich unentbehrlich ist: Dann nämlich, wenns um die feinen aus Garn gefertigten Textilien geht. Erfunden wurde die Spitze in Norditalien. Damals war das noch sogenannte Nadelspitze - extrem aufwendig und extrem teuer. Nur die Reichsten der Reichen konnten sich sowas leisten. Aber anders als Pelz unterlagen Spitzen nicht den rigiden Kleiderordnungen des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit, weswegen aufwendige Nadelspitzen bei den reichen Kaufleuten im 16. Jahrhundert bald Krägen und Manschetten zierten. Um 1700 herum entwickelte man die weit weniger aufwendige Klöppeltechnik. Jetzt konnten sich auch einfachere Leute Spitzen machen. Und im südlichen Thüringen und nördlichen Oberfranken entwickelten sich allmählich eine Reihe von Spitzenzentren. Zum Beispiel in Nordhalben im Landkreis Kronach.

Der Spitzer

"Gedanken, weisheitsvoll, wenn ich sie jemals hab.
Sie brechen immer mir beim Bleistiftspitzen ab."

Carl Spitzweg

Das hat Carl Spitzweg gesagt, dessen künstlerischer Werdegang zwar ein Spitzenweg war, der aber trotzdem nicht Spitzenweg heißt. Aber Scherz beiseite. Es ist kein Wunder, dass Spitzwegs Bleistifte beim Spitzen oft abgebrochen Sind. Seit der Erfindung des Bleistifts in der Mitte des 16. Jahrhunderts und obwohl sich die Gegend um Nürnberg bereits zu Anfang des 18. Jahrhunderts zu einem großen Bleistiftzentrum entwickelt hat, hat man die Dinger immer dem Messer spitzen müssen. Erst im 19. Jahrhundert gab es verschiedene Anläufe zur Entwicklung eines Bleistiftspitzers und erst 1908 wurde in Erlangen der Spitzer, wie wir ihn heute kennen, entwickelt. Da war Carl Spitzweg schon 23 Jahre tot.

Der Hund

Früher einmal war er sehr beliebt als Haus- und Hofhund: Der Spitz. Er gehört zu den ältesten Hunderassen überhaupt. Bereits in den Siedlungen der Jungsteinzeit hat der Spitz Mäuse und Ratten gejagt. Hühner aber hat er eher in Ruh gelassen. Auch wenn Wilhelm Buschs Witwe Bolte das anders gesehen hat.

"Alle Hühner waren fort
Spitz! Das war ihr erstes Wort.
O du Spitz, du Ungetüm
Aber wart! Ich komme ihm!
Mit dem Löffel groß und schwer
Geht es über Spitzen her;
Laut ertönt sein Wehgeschrei,
Denn er fühlt sich schuldenfrei."

Wilhelm Busch

Max und Moritz, die wahren Täter, schnarchten derweil entspannt im Verstecke an der Hecke. Wobei Spitzens Gebell häufig kein Wehgeschrei, sondern eher Wachgeschrei ist. Jeder kennt das Spiel „Spitz pass auf!“: Spitze sind Wachhunde, entsprechend als Kläffer verschrien und deswegen in den letzten Jahrzenten aus der Mode gekommen. Aber das ändert sich gerade – seinem anhänglichen Wesen und seinem flauschigen Fell sei Dank.

Der Schluss

Jeder Spitz definiert sich von seinem spitzen Ende her, mit dem man etwas spicken oder spießen kann und lebt natürlich auch weiter im Spieß und dem damit bewaffneten Spießgesellen oder Spitzbuben. Dieses spitze Ende heißt bei entsprechenden Waffen, vor allem Schwertern Ort.Von lateinisch ortus =erhaben, spitz. Wir kennen heute noch den Ortgang, der hinaufführt zum Spitz eines Hausgiebels. Vor Ort bedeutet in der Bergmannssprache das Ende eines Stollens, wo weitergegraben werden muss. Erst später hat Ort in seiner Bedeutung als Spitz, Ende, Ziel auch die Bedeutung von Gegend oder Stelle erhalten. In Passau heißt der Zusammenfluss von Inn und Donau seit Römerzeiten Ort - auch wenn das die Passauer nicht mehr ganz verstehen und dazu heute tautologisch Ortspitze sagen. Ganz ohne solche Zutaten kommt der Ortler aus. Der Name dieses mit knapp 4000 Metern höchsten Bergs der Ostalpen bedeutet einfach der Erhabene oder der Spitze - ganz, wie man es jeweils sehen will.


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