Ultraschall-Untersuchung Was kann der Hausarzt mit Ultraschall leisten?
Ultraschall ist für den Hausarzt ein unverzichtbares Diagnosegerät. Vor allem Entzündungen und Veränderungen im gesamten Bauchraum, an der Schilddrüse und an den Gefäßen können damit schnell und ohne Strahlenbelastung untersucht werden.

Das Ultraschallgerät ist aus der Hausarztpraxis nicht mehr wegzudenken. Allgemeinmediziner diagnostizieren damit Erkrankungen und Veränderungen an der Schilddrüse, im Bauchraum und an Gefäßen.
Experte:
Mobile Geräte erleichtern die Diagnose am Krankenbett bei Hausbesuchen. Notwendige Untersuchungen bei einer medizinischen Indikation zahlen alle Krankenkassen; nur bei der Vorsorge gibt es Unterschiede zwischen gesetzlichen und privaten Kassen. Da Ultraschall keine Auswirkungen auf den Körper hat, hat es längst viele Röntgen- und CT-Untersuchungen sowie Biopsien ersetzt.
Dem Text liegt ein Interview mit Prof. Dr. Jörg Schelling zugrunde, Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin, Ärztlicher Leiter einer Gemeinschaftspraxis, ehemaliger Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin am Klinikum der Universität München.
Heutzutage kann man in vielen Bereichen Ultraschall einsetzen, in denen früher nur Röntgenbilder mit entsprechender Strahlenbelastung denkbar waren. Ein Beispiel sind Rippenbrüche; mit Ultraschall kann der Hausarzt eine Fraktur leicht nachweisen. Klassische Anwendungsgebiete sind der gesamte Bauchraum, die Schilddrüse, Gefäße, aber auch ableitende Harnwege bis hin zum Herzen.
Bauchraum
Der Bauchultraschall ist die wichtigste Diagnoseform, weil es keine Alternative gibt, mit der sich ohne jede Strahlenbelastung innerhalb kurzer Zeit fast alle Organe im gesamten Bauchraum anschauen lassen. Dazu gehören unter anderem:
- Gallenblasensteine und -stau
- Entzündungen der Bauchspeicheldrüse
- Entzündungen der Leber wie Lebertumor und Leberabszesse
- Milz- und Lymphknotenvergrößerungen im Bauchraum
- Hauptschlagadererweiterungen
- Nierensteine und Erweiterungen der ableitenden Harnwege
Außerdem Flüssigkeitsansammlungen im Körper wie
- Pleura-Ergüsse zwischen Lunge und Rippen
- Bauchwasser
- Arthritis
Diese Ansammlungen finden erfahrene Ärzte natürlich durch Betasten und Klopfen. Aber wie groß der Erguss wirklich ist und wie er verteilt ist, lässt sich ohne Ultraschall nicht feststellen.
Schilddrüse
Gerade in Bayern hat etwa jeder Dritte einen tastbaren Knoten oder Veränderungen an der Schilddrüse. Mit dem Ultraschall kann man sie sehr gut vermessen und recht verlässlich feststellen, ob es sich um einen potenziell bösartigen Knoten handelt oder nicht. Auch Hinweise auf Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow lassen sich schnell diagnostizieren.
Gefäße
Ultraschall ist ebenso das Diagnosegerät der Wahl, um Verengungen an der Halsschlagader oder Thrombosen in Venen festzustellen.
"Wenn der Hausarzt bei einer alten Dame kontrollieren möchte, ob die Plaques zugenommen haben und die Engstelle in der Halsschlagader schlimmer geworden ist, muss sie nicht gleich zum Angiologen gehen, sondern wird wohnortnah durch den Hausarzt versorgt."
Prof. Dr. Jörg Schelling
Allerdings: Der Hausarzt kann mit Duplex- oder Triplex-Sonografie Gefäße zwar sehr gut darstellen, aber er ist beschränkt darin, was er abrechnen kann. Denn anders als ein Angiologe darf der Allgemeinmediziner nur die Leistung mit einer einfachen Sonde abrechnen, egal wie hochmodern sein Gerät ist und wie detailliert es die Gefäße darstellen kann.
Urogenitaltrakt
Dabei kann der Hausarzt die Nieren, Blase und die ableitenden Harnwege ansehen, sowie - mit dem entsprechenden Schallkopf - auch die Hoden. Letzteres wird allerdings recht selten vom Hausarzt angeboten. Das gleiche gilt für Veränderungen an der Gebärmutter und Eierstockzysten – für diese Untersuchungen gehen die meisten Frauen gleich zum Gynäkologen.
"Eine Schwangerschaft ist ohne Ultraschall nicht denkbar – Diagnostik, Screening, Messungen zum Ausschluss von Fehlbildungen und natürlich Babyfernsehen. Damit ist der Ultraschall für Frauenärzte noch wichtiger als für Hausärzte."
Prof. Dr. Jörg Schelling
Kardiologie
Auch im Bereich Herz ist der Ultraschall nicht mehr wegzudenken: Erkrankungen an den Herzklappen, Pumpfunktionsstörungen, Herzfehler – all das sind kardiologische Untersuchungen, die manche Hausärzte zwar beherrschen, aber nicht abrechnen dürfen.
Sonographie hat die traditionelle Tastuntersuchung in vielen Bereichen wie Bauch und Schilddrüse abgelöst. Das liegt vor allem an dem hohen Informationsgehalt des bildgebenden Verfahrens. Daher nehmen viele Hausärzte mobile Geräte bei Hausbesuchen mit. In ländlichen Gebieten muss der Allgemeinmediziner oft viel breiter diagnostizieren; Ultraschall hilft dabei, auch ungewöhnliche Leiden korrekt einzuschätzen.
Vergleich zur Tastuntersuchung
"Ein ganz alter Hausarzt mit vielen Jahrzehnten Erfahrung drückt auf den Bauch, anstatt hineinzuschauen und kann natürlich ziemlich klar zuordnen, wo der Schmerz herkommt und was die Ursache ist. Aber das wird manchmal ein bisschen verklärt: Sie können durch Tasten nicht feststellen, ob Nierensteine da sind, oder wie der Gallengang aussieht. Der Mehrwert an Informationen durch den Ultraschall ist riesig. Vor allem bei Schilddrüsenerkrankungen kommt man mit bloßem Tasten nicht weit."
Prof. Dr. Jörg Schelling
Mobiler Ultraschall
Mobile Ultraschallgeräte kommen vor allem für akute Schmerzen im Bauchraum infrage. Das lohnt sich vor allem für Hausbesuche bei multimorbiden und Pflegeheim-Patienten. Bei bettlägerigen Patienten mit Schmerzen im Bereich der Niere oder Harnwege lassen sich innerhalb von ein, zwei Minuten ein Stein oder eine Erweiterung im Nierenbecken ausschließen. Bei Schmerzen im Oberbauch kann man schnell die Bauchspeicheldrüse überprüfen und checken, ob der Schmerz durch Gallensteine verursacht wurde.
In der Region
Im ländlichen Raum spielt der Ultraschall für Allgemeinmediziner diagnostisch eine noch größere Rolle als in der Stadt, wo Patienten mit unklarem Befund einfach ins nächste Ärztehaus geschickt werden können. Das Versorgungsnetz mit Fachärzten ist grobmaschiger als in der Stadt, daher müssen mehr Ultraschallleistungen in der Hausarztpraxis stattfinden. Aber deren Qualität hängt natürlich von der technischen Ausstattung und Qualifikation des Arztes ab.
Die meisten Allgemeinmediziner haben während ihrer Facharztausbildung das richtige "Schallen" gelernt. Darüber hinaus sind alle Ultraschallleistungen genehmigungspflichtig, so lange sie über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden. Diese lassen auch regelmäßig die Qualität der Geräte überprüfen. Anders dagegen Privatärzte: Sie unterliegen keinerlei Qualitätskontrolle in Ausbildung und Gerät.
Ausbildung des Arztes
Allgemeinärzte müssen nachweisen, dass sie für den jeweiligen Anwendungsbereich ausgebildet sind; das ist heute Bestandteil ihrer Facharztausbildung. Die wichtigsten sind: Abdomen und Bauch, der Ultraschall der Schilddrüse und die Dopplersonografie der Gefäße mit einer Stiftsonde. Die ganz alten Hausärzte und Fachärzte für Allgemeinmedizin hatten im Rahmen ihrer Weiterbildung zum Facharzt keine Ultraschallleistungen mit dabei. Manche dürfen und können nicht schallen.
Kontrolle durch gesetzliche Krankenkasse
Ultraschallleistungen sind genehmigungspflichtig; Hausärzte können nicht automatisch Leistungen abrechnen, sondern diese müssen bei der Kassenärztlichen Vereinigung genehmigt werden, wenn sie über die gesetzlichen Krankenkassen abrechnen wollen. Außerdem müssen sie eine bestimmte Gerätequalität vorweisen. Bei Privatpraxen gibt es dagegen keine Kontrolle, ob der Arzt die notwendige Qualifikation hat oder das Gerät die üblichen Qualitätskriterien erfüllt.
Gerätequalität
"Dafür prüfe ich stichprobenmäßig die Bildqualität für die Kassenärztliche Vereinigung: Ist die Auflösung gut, kann man Gefäße und feste Organe voneinander trennen, ist die Darstellung klar dargestellt und stimmen alle Beschriftungen wie Frequenz, Eindringtiefe und Name des Patienten sowie der Praxis."
Prof. Dr. Jörg Schelling
Die wenigsten Praxen haben die Zeit und das Interesse, mehr Ultraschalluntersuchungen als notwendig anzubieten. Eine Ausnahme sind Vorsorgeuntersuchungen bei Privatpatienten. Ein gutes Ultraschallgerät für die Hausarztpraxis kostet 20.000 bis 30.000 Euro. Das muss sich amortisieren, so dass ein Allgemeinmediziner vielleicht eher einmal zu viel als zu wenig "schallt".
"Da gibt es natürlich ein gewisses Spannungsfeld zwischen Medizin und Wirtschaftlichkeit, das darf man auch nicht leugnen."
Prof. Dr. Jörg Schelling
Medizinisch begründet
Allerdings müssen Hausärzte jede Anwendung gegenüber den Krankenkassen als medizinisch sinnvoll begründen und dokumentieren, warum sie die Untersuchung machen. Gerade bei Allgemeinmedizinern ist das Patientenaufkommen meist so hoch, dass die wenigsten Praxen Interesse daran haben, sich noch zusätzlich Arbeit zu verschaffen.
Keine Belastung
Und selbst falls eine Untersuchung nicht absolut notwendig war: Ultraschall hat den Vorteil gegenüber Röntgen, dass es eine gezielte Diagnostik ohne jede Strahlenbelastung liefert und ohne operativen Eingriff wie bei der Biopsie.
Einsatz zur Früherkennung
Aber natürlich ist Ultraschall eine zusätzliche Einnahmequelle und wird als Individuelle Gesundheitsleistung und bei Privatpatienten verhältnismäßig gut honoriert. Deswegen setzen ihn Hausärzte beim Gesundheits-Check-Up zur Früherkennung ein. Es ist eine der wenigen technischen Leistungen die in der Allgemeinmedizin überhaupt möglich sind.
Ob man gleich zum Facharzt geht oder den Hausarzt um eine erste Diagnose bittet, hängt vom Krankheitsbild, dem Hausarzt und persönlichen Überlegungen ab.
Bei einem Krankheitsverdacht kann der Hausarzt eine erste Diagnose stellen und den Patienten entweder beruhigen oder – falls sich der Verdacht bestätigt - schnell an einen Fachkollegen weitervermitteln. Dabei ist das Ultraschallgerät ein unersetzlicher Helfer. Andererseits stehen Fachärzten ein ganzes Arsenal an technischen Möglichkeiten zur Verfügung, um gleich eine wesentlich differenziertere Diagnose zu stellen.
Abhängig von Erfahrung und Ausstattung des Hausarztes
Große Facharztpraxen besitzen oftmals sehr teure, hochwertige Geräte die von mehreren Kollegen zusammen verwendet werden.
"Falls also ein Hausarzt ein sehr einfaches Ultraschallgerät hat und weiß, zwei Häuser weiter ist ein Gastroenterologe, der nochmal den Bauch nachschallen kann und ein technisch besseres Gerät hat, dann ist natürlich völlig verständlich, dass er dann sagt, ich komme hier an die Grenzen meiner technischen Möglichkeiten und überweise weiter."
Prof. Dr. Jörg Schelling
Andere überweisen nur weiter zum Spezialisten, wenn ihnen etwas auffällig erscheint. Das hängt von der Kompetenz und Motivation des Arztes und den lokalen Strukturen ab.
"Wenn ich einen Schilddrüsenknoten mit Ultraschall untersuche und ich stelle fest, der schaut furchtbar aus und muss dringend raus, dann überweise ich den Patienten auch direkt ins Krankenhaus zur Operation ohne den Umweg über den Facharzt. So viel muss man sich ja auch zutrauen."
Prof. Dr. Jörg Schelling
Beispiel: Veränderungen am Hoden
Bei einer tastbaren Veränderung am Hoden ist es für Patienten völlig legitim, gleich zum Facharzt zu gehen, weil der voraussichtlich weiterbehandeln und möglicherweise auch operieren wird.
"Aber ich erlebe auch junge Männer, die sagen: Ich habe hier einen Knubbel. Dann kann ich als Hausarzt sagen: 'Ich schaue kurz drauf, dann wissen wir gleich, ob es eine kleine Krampfader, ein Lipom, eine Verhärtung oder eine Talgdrüse ist. Und falls es etwas Auffälliges ist, bekommen Sie gleich einen Termin beim Urologen.'"
Prof. Dr. Jörg Schelling
Die privaten Krankenkassen zahlen eine Reihe von Ultraschalluntersuchungen auch zur Früherkennung, im Gegensatz zu den gesetzlichen Kassen. Aber auch für deren Patienten gibt es die Möglichkeit, bei entsprechender Krankheitsgeschichte oder familiärer Vorbelastung um eine Vorsorgeuntersuchung zu bitten.
Was zahlen die gesetzlichen Krankenkassen?
Die gesetzliche Kasse zahlt seit kurzem bei Männern das Screening auf Erweiterung der Bauchschlagader. In manchen Hausarztmodellen (HzV) wird diese Untersuchung auch bei Frauen übernommen. In der hausarztzentrierten Versorgung gibt es teilweise auch Ultraschall-Screenings für die Fettleber oder andere Leberveränderungen. Abgesehen davon kann Ultraschall in der Hausarztpraxis nur beim Verdacht einer Erkrankung eingesetzt werden oder, um eine Erkrankung zu überwachen.
Was zahlen die privaten Krankenkassen?
Privatkassen sind großzügiger: Es gibt eine Grauzone, in der der Patient im Rahmen einer Vorsorge auch um eine Untersuchung von Bauch oder Schilddrüse bitten kann - im Regelfall wird das erstattet.
Vorsorgeleistung im Ausnahmefall
Im gesetzlichen Bereich fällt das unter die Individuellen Gesundheitsleistungen – kurz IGeL. Gibt es allerdings eine familiäre Vorgeschichte bei der Schilddrüse, oder hat der Patient öfters Bauchschmerzen, dann ist das eine Indikation für einen Ultraschall im Bereich der medizinischen und nicht der Selbstzahler-Leistungen.