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BR Heimat - Heimat lesen Lena Christ: Madam Bäurin (2)

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Sonntag, 16.06.2024
20:03 bis 21:00 Uhr

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"Heimat lesen" hat am vergangenen Sonntag mit einem heiteren boarischen Werk voller Bauernschläue und vergnüglichem Hintersinn begonnen. "Madam Bäurin" heißt es, Lena Christ hat es sich ausgedacht.

Es liest Beate Himmelstoß

Die bayerische Schriftstellerin Lena Christ ist im Herbst 1881 im oberbayerischen Glonn geboren, und am Anfang ihres kurzen Lebens hat alles so ausgeschaut, als könnte es ein glückliches Leben werden. Die kleine Magdalena wächst bei ihrer Großmutter auf, in der Schule ist sie ein talentiertes und aufgewecktes Kind. Als Lena sieben Jahre alt ist, heiratet ihre Mutter in die große Stadt hinein, nach München, und macht ihr in der Folge das Leben zur Qual. Immer wieder versucht Lena, den Misshandlungen und der Schwerstarbeit im elterlichen Wirtshaus zu entfliehen. Als 20jährige heiratet sie, schenkt mehreren Kindern das Leben und leidet zunehmend unter der Trunksucht ihres gewalttätigen Gemahls. Nach acht Jahren Ehe trennt sie sich von ihm und verlässt ihn mitsamt den Kindern.

Lena Christ beginnt zu schreiben, und noch im selben Jahr, als ihre Ehe geschieden wird, heiratet sie den Schriftsteller Peter Jerusalem. In diesem Jahr, 1912, erscheinen mit Hilfe von Ludwig Thoma ihre Kindheitserinnerungen: „Erinnerungen einer Überflüssigen“. Das Buch wird ein finanzieller Erfolg und erhält dazu gute Kritiken.
Es folgen weitere Werke, die zu den großen bayerischen Romanen zählen, 1919 schließlich „Madam Bäurin“, das in der Nachbarschaft ihres Geburtsorts spielt. Ein heiteres Werk, ausnahmsweise. Seinen Erfolg wird Lena Christ nicht mehr erleben, sie erkrankt an Tuberkulose, fälscht in ihrer Not Bilder und beendet ihr Leben am 30. Juni 1920 schließlich auf dem Münchner Waldfriedhof mit Hilfe von Zyankali. Da ist sie noch keine 40 Jahre alt.

„Madam Bäurin“ nimmt ein letztes Mal in ihrem literarischen Schaffen das große Thema von Lena Christ auf: die Frage „Wo gehöre ich hin“, die Sehnsucht nach Heimat, das Überwinden sozialer Zwänge.

Worum geht es in "Madam Bäurin"? Es geht zum Beispiel darum, dass feine Stadtleute und Bauern offenbar nicht recht zusammenpassen. Das wäre so schlimm nicht, denn in der Regel haben sie nur wenig Kontakt zueinander - wenn man von den Wochen der Sommerfrische absieht, die Stadterer gern auf dem Land verbringen. So hat auch die junge Rosalie über Jahre den Schiermoserhof kennen- und schätzengelernt mitsamt seinen Bewohnern - bis hin zur Schiermoserin, die Bäurin, die für Menschen und Ideen, die aus der Stadt kommen, grundsätzlich nur Hohn und Spott übrig hat. Der Schiermoser-Bauer indes, und der Franzl, der Sohn am Hof, sind da anderer Ansicht. Rosalies Mutter, die Rechtsrats-Witwe Scheuflein, verachtet ihrerseits den Bauernstand im allgemeinen und die Schiermoserischen im Speziellen und hat größte Sorge um die Zukunft ihrer jüngsten Tochter, die sie standesgemäß zu verheiraten sucht…

Es liest Beate Himmelstoß