Zwölfuhrläuten Grafenau in Niederbayern
Die Geschichte evangelischer Seelsorge in Grafenau und Umgebung beginnt mit der Privatisierung der Glashütten im Bayerischen Wald sowie der Industrialisierung der Holzgewinnung. Fränkische und sächsische Unternehmer übernahmen großteils diese Industriezweige, holten evangelische Facharbeiter aus ihrer Heimat nach. Diese hegten bald den Wunsch nach eigenen Räumen für den Gottesdienst.
Schon 1931 entstand eine kleine Holzkirche in schwedischer Bauart, eine sogenannte Stabkirche, im überwiegend katholischen Grafenau. Sie diente der überschaubaren Zahl an Protestanten als geistliche Heimat.
Flexible Gestaltung des Innenraums
Nach dem Krieg fanden viele Flüchtlinge nach Grafenau, unter ihnen evangelische Christen. Das Holzkirchlein wurde langsam zu klein. Daher entstand 1969 die Christuskirche, gebaut vom bekannten Passauer Architekten Hanns Egon Wörlen. Der Neubau zeichnet sich besonders durch hohe Flexibilität in der Nutzung aus.
Neben der losen Bestuhlung kann auch jedes Interieur verstellt werden. Mithilfe einer Trennwand lässt sich zudem der Kirchenraum erweitern. So kann die Christuskirche neben den regelmäßigen Gottesdiensten auch für Feste, Konzerte, Ausstellungen und Kinder-Gottesdienste genutzt werden.
Der neben Architekt Wörlen ebenfalls zur Donau–Wald-Gruppe zählende Künstler Wolf Hirtreiter gestaltete sieben Emaillebilder zu den "Ich bin"–Worten Jesu im Johannesevangelium. Sie prägen neben dem großen Eisengusskreuz den Altarraum. An die Christuskirche sind Pfarramt und Pfarrhaus gebaut.
Kleinste Glocke von 1665
Seit 1948 ist die evangelische Gemeinde Grafenau eigenständig. Zu ihr gehören Spiegelau, Schönberg, Klingenbrunn, Innernzell und das Umland. Im nicht allzu großen Glockenstuhl des Kirchturms haben dennoch vier Instrumente Platz gefunden: zwei Pernerglocken, eine von Miller aus Innsbruck und die kleinste, die Taufglocke Jahrgang 1665, hat Schneidewind aus Frankfurt am Main gegossen.