Zwölfuhrläuten Scherneck bei Coburg in Oberfranken
Die Hiobsbotschaft kam Ende 2000: Die Glocken der evangelischen Kirche Scherneck, so urteilte der Sachverständige der Landeskirche nach eingehender Untersuchung, könnten im schlimmsten Fall reißen und herunterschlagen. Denn die nach dem Krieg aufgezogenen Eisengussglocken rosteten von innen heraus.
Ihre Kirche ohne Geläute, das konnten sich die Schernecker nicht vorstellen. Drei Jahre später waren über 60.000 Euro an Spenden eingegangen und drei neue Bronzeglocken bei der Gießerei Perner in Passau bestellt.
Jubilate, Rogate, Kantate
Sie tragen die Namen Jubilate, Rogate und Kantate und sind "e1", "g1" und "a1" gestimmt. Seit Mai 2004 schallen sie wieder aus dem trutzigen Sandsteinturm der Schernecker Kirche über den Itzgrund und geleiten besonders gerne Brautpaare in das gemeinsame Eheleben. Dass die evangelische Kirche von Scherneck als Hochzeitskirche so beliebt ist, hängt auch mit ihrer Lage zusammen, die bereits ein Topograph des 18. Jahrhunderts als sehr anmutig beschrieben hat.
Wehrkirche im gotischen Stil
Wie der Name schon andeutet, liegt der 1230 erstmals urkundlich erwähnte Ort auf einer "Schere", also einer Felszacke oder -klippe. Darum wird der ursprünglich gotische Bau mit seinen klobigen Hausteinmauern und dem mächtigen, mit vier Scharwachtürmchen versehenen Chorturm wohl auch eine Wehrkirche gewesen sein. Im Dreißigjährigen Krieg abgebrannt, wurde der Wiederaufbau vor rund 300 Jahren vollendet. Aus dieser Zeit stammt auch zum großen Teil die schöne Innenausstattung: Die mit Marmordekor geschmückte und von anmutigen Holzsäulen getragene Dreifachempore zum Beispiel, die Ochsenblutrot gefasste Kassettendecke mit Gottesauge und Gestirnen, der Taufstein von 1634 oder die von einer mächtigen Mosesstatue getragene und von sieben Apostelfiguren umstellte Kanzel.
Brautleute von Nah und Fern
So erstaunt es nicht allzu sehr, dass die Brautleute sogar aus Frankfurt und Berlin anreisen, um sich unter den goldenen Sternen der Holzdecke dem Himmel auf Erden näher zu fühlen.