Zwölfuhrläuten Woringen in Schwaben
1516 war ein Schicksalsjahr für Woringen: Für 15.250 Gulden erwarb die Freie Reichsstadt Memmingen das Dorf im Süden der Stadt. Neun Jahre später schloss sich Memmingen mit seinen Dörfern der Reformation an.
Die Abgrenzung gegen das katholische Umland förderte ein besonders strenges Luthertum. Oft brachte erst der Flüchtlingsstrom nach dem Zweiten Weltkrieg Katholiken in die evangelischen Dörfer. In Woringen leben heute rund 1.200 evangelische und 800 katholische Mitbürger, und die evangelische Kirchengemeinde legt großen Wert auf Ökumene.
Weintrauben, Äpfel und Birnen
Mit der Reformation wurde die gotische Frauenkirche evangelisch. An den unverputzten Mauern aus grauen Nagelfluhquadern wachsen am Spalier Weintrauben, Äpfel und Birnen, ein Zeichen für die Lebendigkeit des Bauwerks, das aus dem 14. und 15. Jahrhundert stammt. Die Holzbalkendecke im Kirchenschiff wurde wieder entdeckt, als sich am Neujahrsmorgen 1972 der Verputz löste. Den Chor überspannt ein Netzrippengewölbe mit zarten Ornamenten.
Freskenzyklus aus dem 15. Jahrhundert
Eine Kostbarkeit ist der Freskenzyklus mit Szenen aus dem alten und neuen Testament, der kurz vor 1500 von der Memminger Strigel-Schule geschaffen wurde. Dem Besucher fällt ein schräger Durchbruch in der dicken Chorbogenwand auf. Er schafft eine Blickverbindung von der Allerheiligenkapelle zum Altar. So konnte die Kapellenstifterin, die Witwe eines 1477 verstorbenen Ritters dem Grab ihres Mannes nahe sein und gleichzeitig das Allerheiligste sehen.
Jede Glocke mit eigener Aufgabe
Im Turm mit dem Spitzhelm klingt ein vierstimmiges Geläut: Zwei 1988 gegossene Glocken ergänzen die beiden historischen Glocken aus dem 16. Jahrhundert. Jede Glocke hat ihre Aufgabe: So dient die kleinste von 1523 als Taufglocke, sie läutet zum Kindergottesdienst und mahnt als "Stallglocke" die Bauern zur Arbeit.