Zwölfuhrläuten Augsburg-Pfersee in Schwaben
So früh, so modern und so konsequent wurde keine andere Kirche in Deutschland im Jugendstil ausgestaltet. Die neuromanische Fassade mit dem helm-bekrönten Westturm lässt kaum erahnen, welche Schätze Herz-Jesu im Inneren birgt.
Ästhetik integriert in den Alltag, Kunst und Handwerk als Einheit, die Natur als Vorbild mit fließenden Linien und floralen Ornamenten - die Grundidee des Jugendstils lebt in Herz-Jesu. Warum gerade hier? Warum gerade Anfang des 20. Jahrhunderts?
Geschlossenes Jugendstilkleid im Inneren
Im Zuge der Industrialisierung wuchs das Handwerker- und Bauerndorf Pfersee schnell und gerade diese einfachen Leute waren es, die sich, im wahrsten Sinn des Wortes, ihre Kirche vom Mund abgespart haben - eine enormen Anstrengung!
Der Bau entstand von der Grundsteinlegung bis zur Weihe 1910 in der Rekordzeit von nur drei Jahren. Den Zuschlag hatte der junge Gögginger Architekt Michael Kurz bekommen. Noch nicht mal 30 Jahre alt, konnte er als sein Erstlingswerk einen modernen Kirchenbau in Schwaben verwirklichen. Auch für Details der Ausstattung, Beichtstühle oder Opferstöcke, legte er im Laufe der Zeit Entwürfe vor und schuf so ein Gesamtkunstwerk. Das geschlossene Jugendstilkleid im Inneren sucht seinesgleichen. Gold, weiß, violett - eine großzügige Eleganz beherrscht den Raum. Die leicht eingefärbten Fenster spenden gebrochenes Licht.
Ökumene im Glockenturm
Sechs Glocken rufen die Gläubigen zum Gebet. Während des Krieges durfte nur eine bleiben. Als die anderen fünf wieder zurück kamen, wurden sie auch vom evangelischen Pfarrer begrüßt - ein erster Schritt in Richtung Ökumene. Die Pferseer waren halt ihrer Zeit schon immer ein bisserl voraus.