Zwölfuhrläuten Winzer in Schwaben
Er fällt uns kaum mehr auf, der Glockenschlag alle 15 Minuten und manchmal nicht mal mehr das volle Geläut. So vertraut ist er uns in der eigenen Umgebung. Doch kommt einmal gar kein Ton mehr, dann fehlt etwas.
Mit dieser Erkenntnis haben die Winzerer mehr als ein halbes Jahr gelebt. Der Grund: der Dachstuhl von Turm und Kirchenschiff musste dringend saniert und neu eingedeckt werden. Der Glockenstuhl brauchte neue Balken und Joche – die vier Stahlglocken wurden angehängt.
Jetzt läuten sie wieder und rufen zum Gebet in das, in seinem Kern, gotische Gotteshaus, dessen Turm überraschende 30 Meter hoch in den Himmel ragt. Mit seinem roten Satteldach grüßt er weit hinein ins Mindeltal.
Wechselnde "Ausstattungsmoden"
Im 18. Jahrhundert wurde das wohl recht bescheidene Kirchlein erweitert und im damaligen Zeitgeschmack entsprechend umgestaltet. Das 19. Jahrhundert hatte wieder andere Moden, so ging die kostbare Ausstattung aus der Barockzeit verloren. Den Rest besorgten die "reformierten" 60er Jahre. In jüngerer Zeit ist es gelungen, die noch vorhandenen Kunstschätze behutsam wieder ins rechte Licht zu rücken, darunter Bilder bedeutender schwäbischer Maler. Vor dem Hochalter mit der mächtigen Figur des Erzengels Michael mit seinem Flammenschwert steht ein Volksaltar mit den Reliquien der Heiligen Christina und des Heiligen Simpert.
Weinanbau im Mittelalter
Neben der Pfarrkirche ist auch der barocke, für so ein kleines Dorf sehr stattliche Pfarrhof mit seinen wertvollen Stuckdecken sehenswert. Nach einem langen Dornröschenschlaf wird er zusammen mit dem malerischen Pfarrgarten für Hochzeiten genutzt.
Der Name des Ortes "Winzer" scheint wirklich auf den Winzer oder Weinbauer zurückzuführen. Das bedeutet, dass in den warmen Perioden des Mittelalters an den steilen Hängen des Mindeltals tatsächlich Wein gewachsen ist.