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Jun.-Prof. Dr. Anna Schenk, Physikochemikerin Seeigel, Schnecke & Co. - Vom Rezeptbuch der Natur zu neuen Energiematerialien

Filigrane Strukturen von Muscheln anzuschauen, die trotzdem so hart und so stabil sind, ist immer wieder faszinierend. Können wir uns davon etwas abschauen für neue Materialien oder auch Energiespeicher? Daran forscht die Chemikerin Anna Schenk. Sie ist Juniorprofessorin für Kolloidale Systeme an der Universität Bayreuth.

Von: Andrea Roth

Stand: 30.06.2021 | Archiv

2021 hat Anna Schenk den Heinz-Meier-Leibnitz-Preis, den wichtigsten Forschungspreis für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bekommen.

Biominerale, wie beispielsweise Seeigelstachel oder Schneckengehäuse, weisen häufig eine hierarchische Struktur auf, d.h. sie sind über mehrere Längenskalen hinweg, von der makroskopischen bis hinunter zur atomaren Ebene, organisiert und einer bestimmten Funktion angepasst. Lebende Organismen haben ausgeklügelte Prozesse entwickelt, um komplexe organisch-anorganische (Nano-) Kompositstrukturen aufzubauen. Dies ist besonders beeindruckend, wenn man berücksichtigt, dass diese Materialien in der Natur unter milden Reaktionsbedingungen und unter Nutzung einer sehr eingeschränkten Auswahl verfügbarer Elemente ausgebildet werden.

Kristallisationsphänomene entscheidend

Mit Hilfe von Röntgenlicht können tiefe Einblicke in die beeindruckend schönen, filigranen Architekuren biologischer Mineralstrukturen gewonnen werden, welche häufig aus winzigen Bausteinen in perfekter Anordnung zusammengesetzt sind. Darüber hinaus lassen sich an Modellsystemen fundamentale Mechanismen der Mineralabscheidung studieren, welche unser Verständnis von Bildung, Wachstum und Selbstorganisation kristalliner Partikel erweitern. Kristallisationsphänomene spielen eine wichtige Rolle in vielfältigen wissenschaftlichen Disziplinen - von den Geowissenschaften bis hin zur Medizin - und liegen auch einer Vielzahl von technologischen Verfahren zu Grunde.

Inspiration für neuartige Energiematerialien

Wenngleich der Variantenreichtum und die Präzission, mit der die Natur Mineralionsprozesse steuert, im Labor des Materialchemikers unerreicht sind, so lassen sich doch synthetische Strategien ableiten, die auf künstliche Systeme übertragen werden können. Diese Konzepte sollen nun für eine ressourcenschonende und ökoeffiziente Herstellung technologisch relevanter Materialien mit maßgeschneiderten Funktionseigenschaften nutzbar gemacht werden. Eine zentrale Frage der Materialforschung ist, wie die ausgeklügelten Bauprinzipien der Natur eine Inspiration für die Entwicklung neuartiger Materialien für Energieanwendungen wie beispielsweise die elektrokatalytische Wasserspaltung sein können.

Jun.-Prof. Dr. Anna Schenk

Anna Schenk studierte Chemie an der Universität Leipzig mit einem Auslandssemester in Uppsala (Schweden). Anschließend fertigte sie am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (Abteilung Biomaterialien; Prof. P. Fratzl) ihre Dissertation zu Polymer/Mineral-Hybridmaterialien an und promovierte im Jahr 2011 an der Universität Potsdam auf dem Gebiet der Physikalischen Chemie. In Postdoc-Aufenthalten an der University of Leeds und der Universität Stuttgart beschäftigte sie sich mit der Steuerung von Kristallisationsprozessen durch „Confinement“ und (biologische) Template. Seit 2017 leitet Anna Schenk als Juniorprofessorin die Arbeitsgruppe Kolloidale Systeme an der Universität Bayreuth. Ihre aktuellen Forschungsschwerpunkte konzentrieren sich auf die Übertragung biologischer Struktur- und Bauprinzipien auf anorganische Funktionsmaterialien mit Anwendungen im Bereich der Energiekonversion – und speicherung.


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