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Dr. Stephanie Solt, Sprachwissenschaftlerin Welche Faktoren beeinflussen, wie präzise wir uns ausdrücken?

Auch wenn wir meinen, dass wir uns meist präzise ausdrücken, wenn wir mit anderen sprechen, so geben wir manchen genauere und anderen ungenauere Angaben zu dem, was wir sagen wollen. Zum Beispiel, indem wir auf die Uhr schauen, die genaue Uhrzeit wissen, aber einer anderen Person sagen: Es ist kurz vor acht. Warum machen wir Menschen das, obwohl das Auf- oder Abrunden eine zusätzliche kognitive Leistung erfordert?

Stand: 30.12.2022

Sprecher:innen kommunizieren häufig nur ungefähre oder gerundete Zahlen- bzw. Zeitangaben, auch wenn sie eigentlich über die präzisere Information verfügen. Sie sagen beispielsweise “kurz vor Acht”, auch wenn sie gerade auf ihre Uhr schauen, und sehen, dass es 7:57 Uhr ist. Warum machen wir Menschen das, obwohl das Runden zusätzlichen kognitiven Aufwand erfordert und wir unserem Gegenüber im Ergebnis weniger Informationen geben, als wir könnten? Und warum hängt die Entscheidung, wie präzise oder vage wir uns ausdrücken, von der Sprechsituation ab und auch davon, mit wem wir sprechen? In ihrem Vortrag beleuchtet Dr. Stephanie Solt die verschiedenen Faktoren, die beeinflussen, wann wir uns wie präzise ausdrücken. Dazu gehören unter anderem der Wissenszustand der Sprecher:innen und das Informationsbedürfnis sowie die Verarbeitungskosten des Gegenübers. Hinzu kommen die potenziellen sozialen Bedeutungen der präzisen und vagen Formen.  Die Erkenntnisse aus den Untersuchungen der vergleichsweise überschaubaren Domäne von numerischen Ausdrücken lassen Rückschlüsse auf allgemeinere Theorien des Sprachgebrauchs zu.

Vita

Dr. Stephanie Solt studierte Mathematik am Bryn Mawr College. Nach einer erfolgreichen Karriere als Marktforschungsmanagerin kehrte sie 2001 zum Studium der Linguistik an die Universität zurück und promovierte 2009 an der City University of New York. Seit 2012 ist sie Sprachwissenschaftlerin am Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft im Forschungsbereich Semantik & Pragmatik, wo sie gegenwärtig das Projekt “Die Modellierung von semantischen Registerunterschieden” des Sonderforschungsbereich ‘Register’ leitet. In ihren Forschungsarbeiten untersucht sie den Zusammenhang von logischen Bedeutungen, kognitiven Prozessen und Sprache am Beispiel von Mengenangaben und Gradausdrücken.


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