Themen


13

Josefi Tag des keuschen Arbeiters

Josefi: Nein, die Alt-68er sind diesmal nicht schuld. Zwar wurde Josefi als gesetzlicher Feiertag im Freistaat 1968 abgeschafft, dies aber von Alfons Goppel, vormals bayerischer Ministerpräsident und Chef der – vom "Ochsensepp" bis zu Josef Deimer josefreichsten aller deutschen Parteien.

Von: Michael Kubitza

Stand: 17.03.2015 | Archiv

Ein Bild des Heiligen Josef mit dem Jesuskind | Bild: picture-alliance/dpa

19 März

Donnerstag, 19. März 2015

Schade drum: Bis dahin hatte der keusche Zimmermann aus Nazareth zum bayerischen Lebensgefühl nicht wenig beigetragen.

Die Kinder hatten an Josefi – wie heute noch in Österreich – schulfrei. Die Mädchen bekamen mal Blumenkränze, die ihre Jungfräulichkeit bewahren, mal Blumensträuße, die das Gegenteil bewirken sollten. Die Burschen kredenzten sich so oder so nach dem Kirchgang die erste Biergartenmass der Saison. Jung verheiratete Bauersleute steckten sich Josefsringe an, um gegen Versuchungen gefeit zu sein und sich im Zweifel auf höhere Mächte berufen zu können.

Alle Seppen erhalten Freifahrt

Der einzige Heilige, der vor Jesus stehen darf: Joseph (links neben Papst Benedikt XVI).

Tempi Passati: Zerbröselt ist auch das sogenannte Baumwollbrot der Berchtesgadener Zimmerleute. Es bestand aus vier runden, zusammengebackenen Hefefladen, war geweiht und gespickt mit vielen Rosinen. Nur Brosamen alter und neuerer Josefibräuche finden sich heute noch am Wegesrand. An der Wendelstein-Seilbahn erhalten "alle Seppen traditionsgemäß eine Freifahrt", beim Reutberger Josefifest wird im Bierzelt der extra starke Josefibock kredenzt und auf dem Josefi-Markt in Gößweinstein werden nach Art der Händler im Tempel Haushaltswaren, Bekleidung, Gürtel und Co. feilgeboten.

Im Namen des "Vermehrers": Josef und Josefine:

"Josef" bedeutet auf Hebräisch "Gott möge hinzufügen", weshalb der Heilige in manchen biblischen Kalendern auch "Josef der Vermehrer" genannt wird. Bis heute ist es einer der weltweit gebräuchlichsten Vornamen – freilich in nahezu hundert nationalen und verballhornten Varianten.

Der "Patron der Keuschheit" verbindet so unterschiedliche Charaktere wie Franz Josef Strauß und Joschka Fischer, Sepp Herberger und Jupp Derwall, Beppo Brehm und Joop, Osip Mandelstam und Jostein Gaarder, José Carreras und Giuseppe Verdi. Seltener ist die weibliche Form – viele Katholiken bevorzugen den Namen Maria. Doch auch hier findet sich eine hübsche Galerie, die von Josephine Baker bis Joy Denalane reicht.

Machtpolitik mit Gottes Sohnes Vater

Auch eine berühmte Joseph: die Baker

Weit dramatischer als die meisten anderen Heiligenlegenden ist der Kult des keuschen Josef mit den Irrläufen der Weltgeschichte verbunden – gründet er doch auf einem Krieg und ist auch sonst nicht eben unschuldig. Der Habsburger Kaiser Ferdinand II. war zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs mit einem Josefs-Bild in die Schlacht am Weißen Berg bei Prag gezogen und hatte blutig triumphiert. Während sein katholischer Schlachtkumpan Maximilian I. von Bayern sich der Mutter Gottes – seitdem "Patrona Bavariae" – anbefohlen hatte und seinen Sohn später mit dem zuvor unüblichen Namen Ferdinand Maria ausstattete, erklärten die Habsburger dankbar den 19. März zum Feiertag und Josef zu ihrem Hauspatron.

Um sie geht's: Josef mit dem Jesuskind

Für den Historiker Ulrich Nachbaur steckt hinter der Heiligenkür auch machtpolitisches Kalkül: Derart passgenau hätte sich zu einem absoluten Regenten weder die "volksnahe" Gottesmutter noch ein anderer Heiliger gefügt, was der spätere Hofprediger Abraham a Santa Clara mit bezwingender Logik bestätigte: Während die anderen Heiligen vor Gott knien müssten, sei es "dem hlg. Joseph als einem Vater (erlaubt), vor Gott zu stehen und gleichsam mehr zu gebieten als ihn zu bitten".

"Josef, der Arbeiter" und die Nazis

Ähnliches mag auch Papst Pius IX. bewogen haben, Josef 1870 – also kurz vor dem Kulturkampf – zum Schutzpatron der katholischen Kirche zu erklären. Noch zwei weitere Päpste mit dem frommen Namen Pius weisen Josef eine Hauptrolle zu: Papst Pius XI. macht den nazarenischen Zimmermann 1937 zum Heilsbringer aller, die den Kommunismus bekämpfen; Pius XII. verschafft ihm sogar einen zweiten Feiertag: In Konkurrenz zum "Tag der Arbeit" der Gewerkschaften ernannte er 1955 den 1. Mai zum Gedenktermin für "Josef, den Arbeiter".

Während sich Josef am ersten Mai – der mit politischen Versammlungen, Maitanz und Maibaumaufstellen schon fast überbelegt war – nie durchsetzen konnte, blieb der Josefitag bis weit ins 20. Jahrhundert hinein im Brauchtum verankert. Das bekamen auch die Nazis zu spüren, die mit einem Reichsgesetz vom Februar 1934 zahlreiche christliche Feiertage abschaffen und durch völkisches Brimborium wie den "Heldengedenktag" ersetzen wollten. Neben Allerheiligen und Dreikönig hielt die Landbevölkerung Bayerns vor allem auch den Josefstag weiter in Ehren. Noch 1941, notierten die Behörden resigniert, wurde Josefi "am Lande fast durchwegs mit Arbeitsruhe, auch für Dienstboten, Polen und Kriegsgefangenen, gefeiert". Erst seit 1968 ist Josefi im Abschwung.

Postmoderne Spezies: Der Gemütsjosef

18. Parteitag der KBJP | Bild: BR

18. Parteitag der KBJP

Hoffnung für alle Josefinisten verbreitet seit 1985 die – im Prinzip global operierende – "Königlich-Bayerische Josefspartei", die an ihrem Stammsitz im Aichacher Turm zum Goldenen Frieden einen Hauch altbayerischer Renitenz und Bierseligkeit verbreitet.

Ihr Ziel: "den Josefstag am 19. März wieder als Feiertag einzuführen und ihn sowohl vor als auch nach der zu erreichenden Einführung als Feiertag gebührend zu begehen bzw. zu feiern". Ihr Motto: "Ob Inder oder Friese – Josef ist jeder gern". Sollten die Aichacher Recht haben, dürfte der Wiedereinführung des Josefitags nichts mehr im Wege stehen. Falls nicht, bleibt immer noch Österreich.


13