Meinungen Stimmen zum Vatikanum
Von 1962 bis 1965 war Karl Lehmann beim II. Vatikanum enger Mitarbeiter des Theologen und Jesuiten Karl Rahner und erhielt Einblicke in die Verhandlungen wie sonst nur wenige. Rahner war maßgeblich an den Vorbereitungen des Zweiten Vatikanischen Konzils beteiligt. Johannes XXIII. ernannte ihm zum Konzilstheologen.
Helmut Krätzl erlebte als junger Theologe das Zweite Vatikanische Konzil hautnah. Vor 50 Jahren arbeitete er als Stenograph während der ersten Session des Konzils. Später wurde Krätzl zum Weihbischof von Wien ernannt. Der heute 80-Jährige bezeichnet das II. Vatikanum noch heute als "eine Sternstunde der Kirche".
Der Schweizer Theologe und katholische Priester Hans Küng gilt als einer der bekanntesten Kirchenkritiker. An der Universität Tübingen war er Professor für Ökumenische Theologie. Wie Karol Wojtyla und Joseph Ratzinger war auch Küng Konzilstheologe, 1962/63 arbeitete er als Berater für den Rottenburger Bischof Carl Joseph Leiprecht.
Der heutige Papst Benedikt XVI. hat als junger Theologieprofessor am Zweiten Vatikanischen Konzil teilgenommen. Joseph Ratzinger war als Konzilstheologe (Peritus) dabei und stand dem Kölner Kardinals Josef Frings beratend zur Seite.
Auch aus protestantischer Sicht ist das Zweite Vatikanische Konzil ein historisch wichtiges Ereignis. Der Kirchenhistoriker und ehemalige Präsident der Berliner Humboldt-Universität, Christoph Markschies, plädiert für ein stärkeres evangelisches Selbstbewusstsein, für ein weitherziges Verständnis der Ökumene und für eine plurale Offenheit, auch und gerade in Glaubensfragen.
Als junger Priester erlebte Walter Kasper das II. Vatikanum aus der Ferne. Ein epochales Ereignis, doch ist von diesem Schwung heute nicht mehr viel zu spüren. Missverständnisse, unkluge Formulierungen und Gesten trüben das ökumenische Miteinander - auf katholischer und evangelischer Seite. Walter Kasper war 2001 bis 2010 Präsident des Päpstliches Rates zur Förderung der Einheit der Christen in Rom.
Protestanten in Rom sind eine Minderheit. Jens-Martin Kruse reagiert als Pfarrer der evangelisch-lutherischen Gemeinde in Rom sensibel auf ökumenische Fragen. Zeichen und Gesten von römisch-katholischer Seite nimmt er mit großer Aufmerksamkeit wahr. Als Papst Benedikt XVI. in der Christusgemeinde einen Gottesdienst feierte, war das auch für Jens-Martin Kruse "sehr bewegend".
"Gelähmte Ökumene" - so lautet die nüchterne Bilanz, die Kurt Koch 1991, rund 25 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, zog. Kardinal Kurt Koch ist Schweizer Theologe und seit 2010 Präsident des Päpstliches Rates zur Förderung der Einheit der Christen in Rom. In dieser Funktion gehört der ökumenische Dialog zu seinen Hauptaufgaben im Vatikan.
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Raimund Lidl, Freitag, 20.Juli 2012, 18:12 Uhr
1. Konzil
In den 50iger Jahren hinkte die Kirche der Gesamtentwicklung 200 Jahre nach. Durch einen großen Sprung holte sie durch das Konzil 150 Jahre auf. Ein guter Sprung, aber leider immer noch zu kurz! Viele drängende Fragen (z. B. Frauenfrage, Sexualmoral, Machtfragen des Klerus und das Vehältnis zu den Laien, Verhältnis zu nichtchristliche Religionen) wurden nicht genügend erkannt, geschweige denn gelöst.
In den letzten 60 Jahren vergrößerte sich der Abstand zur Realität wieder auf geschätzte 100 Jahre.
Heute wird klar, dass die Kirche freiwillig oder unfreiwillig von vielen Lehrsätzen und Machtpositionen Abschied nehmen muss, die sie vor 60 jahren noch als Offenbarung Gottes ansah.
Diese Abschiede sind aber notwendig, wenn sie wieder glaubwürdig werden will, und wenn es zu einer echten Ökumene auch mit Nichtchristen kommen soll. Diese wiederum ist nötig für den Weltfrieden, die Nachrichten aus den arabischen Ländern beweisen es jeden Tag,