TSV 1860 München Die Gründerjahre
In England schon seit 1879 professionell betrieben, war der "proletarische" Fußball im deutschen 19. Jahrhundert noch verpönt. Turnen galt als nationaler Sport und blühte im Vereinswesen. Der Münchner Turnverein wurde am 17. Mai 1860 gegründet. 1898 benannte man ihn in Turnverein (TV) München von 1860 um, später spaltete sich davon der Sportverein (SV) München ab. Erst 1934 vereinigten sich beide wieder als TSV 1860 München.
Auch bei diesem Verein war das Spiel mit der Lederkugel zunächst Nebensache - Fußball fand damals in Deutschland meist auf der Straße statt. Die TV-Unterabteilung für Kicker wurde am 25. April 1899 ins Leben gerufen, ein Jahr vor der Gründung des FC Bayern. Beim ersten offiziellen Spiel des TV am 27. Juli 1902 setzte es gleich eine 2:4-Niederlage gegen den 1. Münchner Fußball-Club von 1896. Doch rasch wurde der TV eines der führenden Teams der Stadt. 1904 erhielt er das erste Vereinshaus und ein Trainingsgelände auf der Schyrenwiese. Schon damals - lange vor Einführung des Profi-Fußballs in Deutschland - pflegten Mannschaften, sich mit Spielern aus dem Ausland zu verstärken. So holte der TV Spieler aus Wien - mit Erfolg: 1909 gewann er die Münchner Stadtmeisterschaft und damit seinen ersten Titel.
"Zündholzschachtel" auf Giesings Höhen
1911 zog der Klub auf die Giesinger Höhe - der Beginn des Mythos vom Klub an der Grünwalder Straße. Sie sollte eine der traditionsreichsten Adressen des deutschen Fußballs werden. Im selben Jahr entstand dort auch zum ersten Mal eine Art Sechziger-Stadion, ein Platz mit Tribüne - im Volksmund "Zündholzschachtel" genannt.
Aus Spielern werden "Löwen"
Im selben Jahr, 1911, nahm der Verein den König der Tiere ins Vereinswappen auf - die Geburtsstunde der "Löwen". Ihre Bissigkeit sollten später ab und an die Duisburger "Zebras" oder die "Fohlen" aus Mönchengladbach zu spüren bekommen. Nach dem Ersten Weltkrieg versuchte man in München noch während der Revolution den Spielbetrieb wieder aufzunehmen. Am 14. April 1919 - just an dem Tag, als die kommunistische Räterepublik ausgerufen wurde - trugen die Sechziger und der FC Bayern ein Freundschaftsspiel (1:1) aus. Im Herbst 1919 startete die südbayerische Kreisliga, in der 1860 jahrelang dritte Kraft hinter den Bayern und dem FC Wacker München war.
20er-Jahre: Abstand zu Nürnberg und Fürth wird verkürzt
In den 20er-Jahren begann der Fußball auch in Süddeutschland zu boomen, oft besuchten inzwischen mehr als 10.000 Zuschauer die Ligaspiele. In der Rolle des bayerischen Platzhirsches wechselten sich damals zwar die mehrfachen deutschen Meister 1. FC Nürnberg und SpVgg Fürth ab, doch auch die Münchner Vereine schafften nun den Anschluss an die deutsche Spitze. Die Löwen wurden 1927 bayerischer Vizemeister und gewannen im selben Jahr ein internationales Turnier in Paris.
Sportstadt durch Stadion an der Grünwalder Straße
Highlight in jener Zeit war das erste richtige, 1926 fertig gestellte Sechziger-Stadion mit einem Fassungsvermögen von 35.000 Zuschauern. Die nun größte Münchner Fußballarena ließ der Verein selbst bauen, 1937 kaufte sie die Stadt. Sie verschaffte München den Durchbruch zur Sportmetropole. So lockte sie am 12. Dezember 1926 rund 40.000 Zuschauer für das Länderspiel gegen die Schweiz (2:3) an.
"Endspiel-Tragödie" von 1931
Im Lauf der 20er-Jahre wurden die Sechziger auch auf nationaler Ebene konkurrenzfähig. Zum Team gehörte eine Reihe damals großer Namen wie Torwart Max Kob, Allrounder Max Schäfer, Abwehrspieler Sepp Wendl oder Alois Pledl. Er gehörte zu den herausragenden Spielern, obwohl er im Alter von elf Jahren bei einem Unfall einen Arm verloren hatte. Der technisch außerordentlich versierte Pledl war auch am größten Vorkriegserfolg der Sechziger beteiligt: der deutschen Vizemeisterschaft von 1931. Im Endspiel in Köln unterlagen die Löwen der Berliner Hertha mit 2:3 - angeblich wegen Benachteiligung durch den Schiedsrichter: "Nahezu die gesamte deutsche Presse bedauerte die unglückliche 3:2-Niederlage des SV 1860 und bejubelte München als die eigentliche Fußballhauptstadt Deutschlands", beschreibt Stadtarchivar Anton Löffelmeier die "Endspiel-Tragödie".