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Paul Breitner zum 65. Der ewige Fußball-Rebell

Paul Breitner ist der Querdenker im deutschen Fußball. Als Aktiver prägte er den FC Bayern der 1970er-Jahre und zählte zu den wichtigsten Persönlichkeiten der Nationalmannschaft. Am 5. September ist der Oberbayer 65 geworden.

Stand: 06.09.2016 | Archiv

Langhaarig mit Afro-Look und Vollbart, so kannte man den Lautsprecher und Revoluzzer in seiner erfolgreichen Zeit. Ausgerechnet bei und direkt nach seinem größten Triumph demonstrierte Breitner seine eigenwillige Seite überdeutlich – und zugleich seine genialen Züge.

Im Finale der Weltmeisterschaft 1974 in München schnappte er sich in der 25. Minute den Ball und verwandelte den fälligen Elfmeter sicher zum wichtigen 1:1-Ausgleich. Und das, obwohl er eigentlich gar nicht als Schütze vorgesehen war. Damit ebnete er aber den Weg zum 2:1-Sieg und zum Titelgewinn. Anstatt aber den Jubel auch nach dem Turnier auszukosten, überwarf sich der Fußball-Rebell mit Bundestrainer Helmut Schön und erklärte seinen Rücktritt aus der Nationalelf.

"Ich war für den Elfmeter nicht vorgesehen, ich stand aber als nächster am Ball."

Paul Breitner nach dem Finale 1974

1981 kehrte er aber wieder zurück. In weiteren 20 Länderspielen avancierte er zum großen Mittelfeldregisseur. Bei der Fußball-WM 1982 in Spanien musste sich Breitner mit seinen Mannschaftskollegen erst im Finale mit 1:3 gegen Italien geschlagen geben.

Vom SV Kolbermoor über den FC Bayern nach Madrid

Aufgewachsen im oberbayerischen Freilassing begann Breitner als Sechsjähriger beim SV Kolbermoor mit dem Fußballspielen. Durch Udo Lattek, der ihn in der Jugendnationalmannschaft trainierte, fand er seinen Weg zum FC Bayern München. Hart, energisch, reaktionsschnell, konditionsstark und schussfreudig – das zeichnete den Offensivverteidiger und Mittelfeldspieler aus. Anfang der Siebziger feierte er in der Isarstadt seine ersten großen Erfolge: 1971 gewann er den DFB-Pokal, 1972-1974 die Deutsche Meisterschaft und 1974 holte er den Europapokal der Landesmeister. Nach einem Gastspiel bei Real Madrid kehrte er nach einem Jahr bei Eintracht Braunschweig im Jahr 1978 zu den Münchnern zurück.

"Bei Real habe ich gesehen, wie wichtig es für einen Spieler ist, als Mensch zu gelten und geachtet zu werden."

Paul Breitner nach seiner Zeit bei Real Madrid

Als Mannschaftskapitän führte er den FC Bayern 1980 und 1981 zu seinem vierten und fünften Meistertitel und 1982 zum DFB-Pokalsieg. Nach einem Foul des Hamburgers Wolfgang Rolff musste er zur Mitte der Saison 1982/83 seine Laufbahn beenden. 

"Totengräber Beckenbauer"

Außer als Scout beim FC Bayern wurde Breitner nach seiner Zeit als Spieler nicht mehr im Fußballgeschäft aktiv. Doch als Kritiker blieb er der Szene erhalten. Nicht einmal vor dem Kaiser machte Breitner halt - obwohl er doch gemeinsam mit ihm den größten Erfolg seiner Karriere gefeiert hatte.

Als der Nachfolger von Bundestrainer Jupp Derwall geworden war, titulierte er Beckenbauer in seiner Zeitungs-Kolumne als den "Totengräber des deutschen Fußballs“. Dabei wäre Breitner ja fast selbst Bundestrainer geworden. Nachdem Berti Vogts 1998 zurückgetreten war, hatte der DFB-Präsident Egidius Braun den Münchner als Nachfolger vorgesehen. Allerdings nur für ganze 17 Stunden, dann nahm Braun in einer nebulösen Aktion sein Angebot wieder zurück.

"Blödsinn", dass Doping im Fußball keinen Sinn macht

Auch an höchst unangenehmen Themen wie Doping ging Breitner nie vorbei. Bereits Ende der 80er-Jahre wies er darauf hin, es sei an der Zeit, die Geschichte aufzuarbeiten. Es sei auch "Blödsinn" zu behaupten, dass Doping in Mannschaftssportarten keinen Sinn ergeben würde. Über sich selbst sagt er aber auch ganz klar, er habe niemals gedopt.

"Doping gab es, Doping war präsent."

Paul Breitner

Italiener - "geboren, um zu verteidigen"

Mit den Italienern hat er ein zwiespältiges Verhältnis. In einem Zeitungsinterview wetterte er in der vergangenen Saison gegen die spielerische Einstellung der Ragazzi. Den neuen Trainer des FC Bayern, Carlo Ancelotti, findet er hingegen "perfekt" für den FC Bayern. Dabei rechnet er dem Italiener positiv an, dass er auf große Veränderungen verzichtet und auf die Vorarbeit Pep Guardiolas vertraut. Käme ein Trainer, der in der aktuellen Situation einen Umbruch vollziehen würde, wäre "der Weg nach Gabersee in die Irrenanstalt nicht weit", sagte der ewige Kritiker in einem Zeitungsinterview.

"Der Italiener wird grundsätzlich dazu geboren, um auf 0:0 zu spielen, um zu verteidigen. So hat er gespielt, als ich 1970 zum ersten Mal gegen italienische Teams auf dem Platz stand. Und so spielt er auch heute noch."

Paul Breitner


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