Klima und Fußball Nachhaltigkeits-Check – wie ernst meint es die Bundesliga?
Die Deutsche Fußball Liga und ihre Vereine wollen nachhaltiger werden. Derzeit hat die Mehrheit der Klubs aber noch großen Nachholbedarf. Das zeigt eine Umfrage der ARD-Recherche-Sport. Ein grünes Vorbild gibt es im englischen Fußball.
Rasenheizung, Flutlicht, die An- und Abreise der Fans – die Bundesliga verbraucht viel Energie. Zwei Drittel der Vereine in der 1. und 2. Bundesliga wissen aber nicht, wie viel CO2 sie dabei ausstoßen. Das zeigt eine Umfrage der ARD-Radio-Recherche-Sport und der Sportschau unter allen 36 Profi-Klubs, die in der Deutschen Fußball Liga (DFL) organisiert sind.
Die DFL hatte im Mai 39 Nachhaltigkeitskriterien verabschiedet – die Messung eines CO2-Fußabdrucks gehört unter anderem dazu. Die Klubs haben bis kommenden März Zeit, um die Messung nachzuholen. Dann müssen sie auch nachweisen, dass sie eine Person angestellt haben, die für Nachhaltigkeit verantwortlich ist. Hier haben 26 Vereine geantwortet, dass sie dieses Kriterium bereits erfüllen. Fußball und Nachhaltigkeit – bislang wurde das nicht wirklich zusammengedacht. Plastikbecher, ein hoher Stromverbrauch und klimaschädliche Flüge gehören im Fußball zum Liga-Alltag. Das will die DFL jetzt teilweise ändern und ein Klima-Bewusstsein in der Liga etablieren.
Vorbild Forest Green Rovers
Wie es gehen könnte, zeigt ein Vorbild aus England: Die Forest Green Rovers sind der grünste Verein der Welt und wurden von den Vereinten Nationen als erster klimaneutraler Fußball-Klub ausgezeichnet. "Drei Dinge sind wichtig: Energie, Ernährung und Transport", erklärt Eigentümer Dale Vince. "80 Prozent des CO2-Fußabdrucks eines jeden Menschen oder Klubs bestehen aus diesen drei Faktoren." Der Eco-Unternehmer hat den Verein 2010 vor der Pleite bewahrt und eine "grüne" Wende eingeleitet. Im Gespräch mit der ARD-Recherche-Sport trägt er einen Hoodie der Umweltschutzorganisation "Sea Shepherd".
"Wir müssen Nachhaltigkeit in den Regularien verankern. Jedes Jahr wird bei uns das Stadion geprüft, damit hier Leute reindürfen. Da geht es vor allem um Sicherheit oder ob es genug Toiletten gibt. Aber man könnte das leicht auf Nachhaltigkeit ausweiten: Wird recycled? Was gibt es zu Essen?"
- Klub-Boss Dale Vince
"Veganer, fresst Gras!"
Der Klub ist zu 100 Prozent vegan, auch im Stadion heißt es: Veggie-Burger statt Bratwurst. Es gibt keinerlei Plastikbecher, sondern alle Verpackungen sind kompostierbar. Die Energie kommt bei den Rovers ganz aus erneuerbaren Ressourcen, von Vince' Unternehmen "Ecotricity", auf dem Stadiondach sind Solarzellen installiert. Für den Stadionrasen gibt es einen großen Tank mit Regenwasser, Pestizide sind tabu. Der Transport funktioniert bereits teilweise mit Elektrizität. Vor dem Stadion stehen ein E-Auto und zwei Ladestationen, auch ein kleiner E-Bus, mit dem man bereits zu naheliegenden Auswärtsspielen gefahren ist.
"Die Leute nehmen uns wahr, manchen gefällt vielleicht nicht, was wir hier machen, die Gästefans singen schon mal Lieder wie ‚Veganer, fresst Gras!‘, aber am Ende des Tages helfen wir der Umwelt und Fußball ist eine Plattform dafür, unsere Botschaft zu verbreiten."
- Rovers-Torwart Lewis Thomas
FC Bayern macht Klimaschutz zur Chefsache
Bis dahin ist es für den FC Bayern München und andere Klubs noch ein weiter Weg. Der FC Bayern gehört zu den Vereinen, die ihren Fußabdruck noch nicht messen. Allerdings ist das Thema Nachhaltigkeit bei den Münchnern kürzlich zur Chefsache erklärt worden und Sportvorstand Oliver Kahn unterstellt. Es tut sich etwas.
Der Rekordmeister hat aber eine Initiative gestartet, um nachhaltiger zu arbeiten. Erster Anlaufpunkt: das Stadion. So verzichtet der FC Bayern in Zukunft auf Teile der Beleuchtung in der Allianz-Arena und investiert unter anderem in Solarzellen.
"Was ganz wichtig ist, dass man jetzt erstmal alle in der 1. und 2. Liga screent und sagt: Wo steht ihr denn? Und daraus werden sich Verbesserungspotenziale für jeden entwickeln, weil kein Verein ist gleich und auch kein Stadion ist gleich."
- Jürgen Muth, Geschäftsführer der Allianz Arena
Bis 2040 null CO2-Ausstoß
Ab 2024 müssen die Klubs angeben, ob sie ein konkretes und messbares Ziel haben, ihre CO2-Emissionen zu senken. Bisher können nur der FC St. Pauli, die TSG Hoffenheim, der VfL Wolfsburg und Werder Bremen so ein Ziel nachweisen. Diese vier Vereine haben sich verpflichtet, bis 2030 ihren CO2-Ausstoß um mindestens die Hälfte zu reduzieren und bis 2040 das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Das heißt: Für alle CO2-Emissionen, die ein Klub dann noch verursacht, muss er Maßnahmen ergreifen, um diese Emissionen wieder aus Atmosphäre zu holen.
Maßnahmen zu lasch?
Die Vereine müssen vorerst keine Strafen befürchten, wenn sie die Auflagen nicht alle erfüllen. Das sorgt für Kritik. Einigen Klubs, Sponsoren und Fans gehen die Bemühungen nicht schnell genug. "Das liegt einerseits daran, dass es lediglich darum geht, Mindeststandards zu erfüllen, die in der freien Wirtschaft ganz normal sind", kritisiert Anna-Maria Hass vom Fan-Netzwerk Zukunft Profifußball. Es reiche nicht "nur zu reporten, was passiert, ohne tatsächlich wissenschaftlich fundierte Ziele dahinter zu setzen".