Familienpolitik I Viel Geld für wenig Kinder
40 Milliarden für das Kindergeld, 16 Milliarden für die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern in der Krankenversicherung, Renten für Witwer zählen auch dazu - 38 Milliarden. Das Elterngeld ist vergleichsweise billig: Fünf Milliarden zahlt der Staat jährlich dafür.
Viel Geld für wenig Kinder. Denn trotz der vielen Milliarden ist die Geburtenrate in Deutschland nicht gestiegen. Trotz insgesamt 156 familienpolitischer Leistungen. Aber darum geht es doch gar nicht, sagt Familienministerin Schröder:
"Überprüfung familienpolitischer Leistungen heißt nicht, dass man einfach nur auf die Geburtenrate schielt, sondern familienpolitische Leistungen dienen auch der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie dienen der Wahlfreiheit."
Kristina Schröder (CDU), Bundesfamilienministerin
Gleich zwei Reizbegriffe hat die Ministerin hier verwendet: die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die viel beschworene Wahlfreiheit. Die sei nun gewährleistet. Mit dem Kita-Ausbau einerseits und dem Betreuungsgeld andrerseits. Beides hat noch einmal eine Stange Geld gekostet. Mit zwei Milliarden ist das Betreuungsgeld veranschlagt. Wer sein 1- oder 2-Jähriges Kind nicht in eine öffentliche Kita gibt, bekommt dafür vom Staat 100 Euro. allein, die Eltern wollen es nicht. Zum Stichtag erster August wurden in Berlin 31 Anträge gestellt, in Dresden 25. Manuela Schwesig Vizechefin der SPD frohlockte.
"Das Betreuungsgeld kommt bei der Mehrzahl der Familien nicht an und auch nicht bei den Kindern, weil sich die Mehrzahl der Familien in unserem Land eher einen Kitaplatz wünscht als das Betreuungsgeld."
Manuela Schwesig (SPD), Familienpolitische Sprecherin
Mittlerweile sehen die Zahlen anders aus: allein in Bayern sind fast 7000 Anträge eingegangen. Dort aber wurden die Formulare auch direkt an die anspruchsberechtigten Eltern geschickt. So oder so: das Betreuungsgeld muss weg, sagt die SPD. Die Sozialdemokraten setzen ihre ganze Energie auf den Ausbau der Kinderbetreuung. In Kitas, Kindergärten, Schulen. Denn nur so könne die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingen. Auch Kanzlerin Angela Merkel hat das erkannt - in der Theorie.
"Und deshalb ist es so wichtig, dass wir nach langer Zeit diese Trennung – hier die Familie und das private Leben und dort der Arbeitsplatz.- doch verstärkt als Einheit sehen. Familie ist nicht Störfaktor, sondern Familie ist Teil des Lebens und die ganzheitliche Betrachtung eines Menschen ist das, was glaube ich in der Politik über viele Jahre vernachlässigt wurde."
Angela Merkel (CDU), Bundeskanzlerin
Und das hatte die Kanzlerin sogar wissenschaftlich erwiesen schwarz auf weiß: So stand im letzten Familienbericht klipp und klar: Familien wollen nicht unbedingt mehr Geld, sondern mehr Zeit. Professor Thüsing war der Vorsitzende der Sachverständigenkommission und schrieb der Politik und der Wirtschaft in Stammbuch.
"Geld spielt natürlich wie bei vielen Dingen eine starke Rolle. Aber wir versuchen eben auch deutlich zu machen, dass es im Interesse der Gesellschaft insgesamt, aber auch im Interesse der Arbeit ganz klar ist, dass man auch als guter Arbeitnehmer ein guter Familienvater, eine gute Familienmutter sein muss."
Georg Thüsing, Vorsitzender der Sachverständigenkommission zum Familienbericht
Und schon sagt die Politik: Das müssen die Unternehmen ändern, das können wir nicht. Der Wirtschaft vorschreiben, auf Teilzeit und Heimarbeitsplätze statt auf Präsenzkultur zu setzen? Wohl kaum. Also gibt die Politik lieber wieder Geld. Das Kindergeld und der Kinderfreibetrag sollen erhöht werden.
"Wir werden sehen, ob wir es in einem Schritt verwirklichen können, oder ob wir es auch schrittweise machen müssen." Wolfgang Schäuble (CDU), Bundesfinanzminister
Und wenn Finanzminister Schäuble das so formuliert, dann heißt das übersetzt, möglicherweise gibt es doch nicht mehr Kindergeld. Auf der Rechnung stehen dann aber trotzdem immer noch insgesamt 200 Milliarden Euro für Familien in Deutschland.