Der Doserfall bei Häselgehr Ein seltenes Naturphänomen im Tiroler Lechtal
Georgi am 23. April ist ein wichtiger Lostag im Bauernkalender. Der heilige Georg, ein frühchristlicher Märtyrer aus Kappadokien, zählt zu den 14 Nothelfern. Er gilt zudem als Schutzpatron der Pferde und der Pfadfinder und hat Ruhm als Drachentöter erlangt. Spätestens am Georgitag wird der „Drache Winter“ ausgetrieben, und rund um den Georgitag erwacht im Tiroler Lechtal der Doserfall im Haglertal oberhalb von Häselgehr zu neuem Leben.

Jedes Jahr zu Martini im November verschwindet der Wasserfall und im April tritt er wieder hervor. In diesem Jahr plätschert er noch nicht - vermutlich, weil die Schneeschmelze nicht so stark ausfällt wie in anderen Jahren. Doch jeden Tag ist ab jetzt mit dem Doserfall zur rechnen.
Oberhalb von Häselgehr, am Eingang zum Haglertal, rauscht und rinnt der Doserfall den Berg hinab. Wie Heimatforscher Christoph Bader erklärt, tritt bei einigermaßen normalen Klima- und Winterverhältnisse um Georgi herum der Doserbach aus dem Berg und befüllt den Wasserfall. Zu Martini am 11. November versiegt der Bach und somit auch der Wasserfall.
Georgitag und Martinitag sind allerdings nur ungefähre Richtwerte, erklärt Otto Walch, der Pfarrer von Elbigenalp und selbst ein gebürtiger Lechtaler. So spiegelt sich im Naturphänomen Doserfall altes empirisches Volkswissen, denn Wasser war schon immer überlebenswichtig. Im Fall des Doserfalls ist ein unterirdischer Karstsee die Quelle allen Lebens. Im zerklüfteten und verkarsteten Kalkgestein der Hornbachkette befindet sich ein unterirdischer See, der im Zuge der Schneeschmelze dann überläuft, ähnlich wie in der Sturmannshöhle bei Obermaiselstein im Oberallgäu.
Dort ist der unterirdische See gut zu sehen. Doch während die Lage des Sees in der Sturmannshöhle im Oberallgäu exakt bekannt ist, weiß man bis dato nicht, wo genau sich der unterirdische See des Doserfalls befindet. Der Ursprung des Doserbachs liegt jedenfalls im Gebiet des Haglertals, in den Karen zwischen Bretterspitze und Gliegerkarspitze – übrigens ein feines Gebiet für Frühjahrsskitouren, zum Beispiel das Gliegerkar.
Rund um den Doserfall und Doserbach gibt es natürlich auch viele Sagen. So soll einst ein Alphirte in das Klingelloch, eine Höhle im Bereich der rund 2600 Meter hohen Bretterspitze, sein Sackmesser geworfen haben. Daraufhin war ein lautes Getöse zu hören. Am Doserfall oberhalb von Häselgehr kam das Messer dann wieder zutage.
Von der Kirche in Häselgehr wandert man in einer Viertelstunde zum Doserfall. Wer in Wanderkarten nach Bach und Wasserfall sucht, der trifft oft auch auf den Namen Tuoser Bach. Und das hat seinen Grund, denn im Lechtaler Dialekt wird ab Häselgehr aufwärts bis Steeg das „o“ als „uo“ gesprochen. So wurde aus dem Doserbach der Tuoser Bach.
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Karte: Häselgehr