Nachhaltiger Wintertourismus in Pfronten Wie der Klimawandel den Alpinurlaub in Bayern verändert
Der Klimawandel bringt viele bayerische Wintersportorte in Bedrängnis: Soll man weiter beschneien oder umdenken? Die Gemeinde Pfronten im Allgäu hat in diesem Winter ihr größtes Skigebiet geschlossen. Doch was macht Winterurlaub ohne Winter aus? Lohnt sich das Geschäft überhaupt noch?

Um ein Haar hätte König Ludwig hier bei Pfronten sein letztes Märchenschloss errichtet. Zum Bau kam es auf der Burgruine Falkenstein aber nie.
Bürgermeister Alfons Haf und Tourismusmanager Julian Knacker sehen die Zukunft des Tourismus im Ort abseits des Skifahrens
Für die Gemeinde Pfronten im Allgäu könnte genau das ein Glücksfall gewesen sein. Sonst gäbe es hier vielleicht auch Over-Tourismus, sagt der Bürgermeister des Ortes, Alfons Haf. Was Pfronten heute stattdessen ausmacht sind viele Wanderwege, Wiesen und Wald und kleine Ferienwohnungen. Der Ort setzt auf Alternativen zum Massentourismus. Und ist damit erfolgreich, sagt der Pfrontener Tourismus-Manager Julian Knacker: „Das ist auch gar nicht das Ziel, dass wir die Zahlen ins Unermessliche steigern. Es muss stimmig sein“.
Bayerischer Skitourismus im Wandel
Pfronten steht vielleicht mustergültig für viele Tourismusgemeinden in Bayern. Denn bisher setzte man im Freistaat auf das Skifahren. Und mit den Jahren immer mehr auf technische Beschneiung. Laut Tourismusforscher Jürgen Schmude aber findet längst ein Umdenken statt. „Wir haben eine Phase gehabt, in der man überzeugt war, mit technischen Lösungen lässt sich das Problem der Klimakrise lösen“, so der Münchner Professor. „Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass das auf Dauer in vielen Destinationen nicht die Lösung sein kann“.
Pfronten: Vom Weltcup-Ort zur Wanderdestination
Auch in Pfronten hat sich diese Erkenntnis wohl durchgesetzt. Dabei ist der Ort stolz auf seine Ski-Geschichte. Sogar Weltcup-Abfahrten fanden früher am Fuße des Breitenbergs statt. Heute betreibt die Gemeinde noch ein kleines Skigebiet unten im Tal. Auch das muss künstlich beschneit werden. „Wir können gegen diesen Wandel, den wir haben, nicht ankämpfen“, sagt der Tourismusmanager Julian Knacker. „Wie soll das gehen? Wir müssen uns anpassen, und da haben wir in den letzten Jahren schon ganz gute Weichen gelegt“.
Auf der Hochalm am Breitenberg, dem größten Skigebiet Pfrontens auf über 1400 Höhenmetern, gibt es in diesem Jahr allerdings keinen Skibetrieb. Die Ursache: Hangrutsche an den Liftstützen eines Schlepplifts. Damit ist die Hochalm unter den größten Skigebieten Bayerns, die in diesem Winter schließen mussten. Frank Seyfried ist Geschäftsführer der Breitenbergbahn. Was sagt er zu dem fehlenden Skitourismus in diesem Winter? „Wir hatten zehn Rodeltage, die alle sehr gut besucht waren. Zudem hatten wir sehr viele sonnige Tage. Von dem her war das eine tolle Saison.“ Ein Besuch vor Ort bestätigt das. Auch ohne Skipisten kommen an diesem sonnigen Märztag viele Gäste auf den Breitenberg. Die meisten genießen die komfortable Auffahrt mit der Bahn, vermissen das Skifahren aber kaum.
Entscheidung gegen Beschneiung war „richtig“
Ortsansicht des Stadtteils Ried von Pfronten. Zu den Faschingsferien ist von Schnee allerdings keine Spur.
Die Entscheidung, auf dem Breitenberg keinen großen Skischaukel-Tourismus nach österreichischem Vorbild auszubauen, sei rückblickend richtig gewesen, sagt auch Bürgermeister Alfons Haf. „Der Aufwand wäre einfach viel zu groß“, so der Kommunalpolitiker, und: „Man würde so viel Natur zerstören, das wollen wir nicht“.
Bleibt immer noch die Frage, ob sich das alles wirklich lohnt. Wirtschaftlich. Nachfrage bei Georg Kolb, dem Leiter des ältesten Sportartikelgeschäftes in Pfronten. Wie läuft die aktuelle Saison, trotz des reduzierten Skibetriebs? „Die Leute die jetzt an Fasching ins Geschäft kamen, waren rein aufs Skifahren fixiert“, resümiert der Händler.
Werden die Alpen immer mehr zum Ganzjahres-Ziel?
Zum Skifahren fahren die Pfrontener Gäste dann auch in die Nachbargemeinden. Aber Georg Kolb beobachtet auch: Immer mehr Touristen kommen das ganze Jahr über zum Fahrradfahren und Wandern und nicht ausschließlich zum Skifahren.
Noch wollen viele Gemeinden im Bayern am Skitourismus festhalten. Denn das Modell ist für sie derzeit weiterhin deutlich lukrativer als dessen Alternativen, sagt der Tourismusforscher Jürgen Schmude von der LMU München: „Um einen Skitouristen zu ersetzen, wirtschaftlich, brauche ich zwei Wandertouristen“.
Der Klimawandel wird den Skiorten in Bayern früher oder später keine andere Wahl lassen. Das Beispiel Pfronten zeigt, wie dieser Wandel weg vom reinen Wintersport zu einem nachhaltigen, sanften Wintertourismus gelingen kann.