Zum Saisonschluss unterwegs im Tromsdal in Nordnorwegen Frühlings-Langlauf im hohen Norden
Mitte Mai – die Sonne strahlt mit Kraft vom blauen Himmel, von den Bergen plätschern kleine Bäche. Die Loipe hat zwar keine Olympiaqualität mehr, aber das Langlaufen ist hier, rund 200 Kilometer nördlich des Polarkreises, noch gut möglich.
Von Tromsø aus, dem Paris des Nordens, führt die Loipe ins Tromsdalen hinein. Das Tal ist ein beliebtes Tourenziel für Einheimische und Gäste. Auf halber Strecke laden kleine offene Holzhütten mit Lagerfeuermöglichkeit zur Pause ein. Toilette, Brennholz, Bänke – für alles ist bei den „Gutta på Skauen“, bei den Jungs im Wald gesorgt.
Gutta på Skauen war zunächst ein Unterstand für die Waldarbeiter, die die Lichtloipe gebaut haben. Später wurden Hütten und Feuerplätzen errichtet, damit alle, die auf Skiern, mit dem Rad oder zu Fuß hierherkommen, einen Platz haben, um sich hinzusetzen und es sich gut gehen zu lassen. Im Zentrum des Platzes steht ein Holzbau, der an ein großes Tipi erinnert. Er ist einem Lávvu nachempfunden, einem samischen Zelt, und erinnert an die Vergangenheit des Tals, als hier jahrtausendelang Wohnplätze der nomadisch lebenden samischen Rentierhirten waren.
Im Romssavággi, wie das Tal auf Samisch heißt, wohnten Samen, die den Winter mit ihren Herden rund 300 Kilometer entfernt im Landesinneren verbrachten, heute Schweden und Finnland. Im Sommer kamen sie zu den Weidegebieten an der Küste und wohnten in Torfhäusern, den Gammen, und in Zelten, den Lavvù. Ende des 19. Jahrhunderts wurden Samen als exotische Objekte im Ausland gezeigt. Die ersten Kreuzfahrtschiffe brachten Besucher auch nach Tromsø, wo sie im Tromsdalen dann Samen und Rentiere bestaunen konnten. Hotels schossen aus dem Boden. Manche Samen nutzten die Gelegenheit und verkauften Souvenirs in den sogenannten Lappen-Lagern. Als die finnischen und schwedischen Samen 1922 im Zuge der Norwegisierungspolitik ausgewiesen wurden, durften ein paar samische Familien und ihre Rentiere bleiben – der zunehmende Samen-Tourismus war zu bedeutend für die Region geworden.
Heute muss man genau hinsehen, um die Zeichen in der Landschaft zu erkennen, die auf diese Vergangenheit hindeuten. Doch auch auf Langlaufskiern sind die Spuren entlang der Loipe zu erkennen: Grasflächen statt Heide, gerade gewachsenen weiße Birken im Meer der Krüppelbirken. Zudem lebt die Erinnerung auf, denn die Nachkommen der einstigen Lappen-Lager-Bewohner wagen es nach vielen Jahrzehnten anti-samischer Stimmung, an ihre Kultur und ihre Vergangenheit zu erinnern und anzuknüpfen. Ein kleines Zeichen ist das Lavvù hier, an dem sich sonntags die ganze Stadt trifft, ob mit oder ohne Ski.
Anreisetipp nach Tromsø ohne Flugzeug:
Mit der Bahn über Hamburg nach Stockholm (Nachtzug), weiter mit dem Polarexpress über Abisko, Kiruna und Björkliden direkt ins norwegische Narvik.
Von hier aus fährt der Linienbus 100 die letzten 3 Stunden durch spektakuläre Landschaft bequem nach Tromsø.Alternativ geht ab Lübeck/ Travemünde die Fähre nach Helsinki, von dort aus mit dem Nachtzug nach Rovaniemi und mit dem Bus weiter nach Tromsø
Achtung: Diese Verbindung wird derzeit nicht ganzjährig angeboten, die Busse enden teilweise an der finnisch-norwegischen Grenze.