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Ein Naturschutz-Projekt im Werdenfelser Land Nistkästen für die Artenvielfalt

Natürliche Nistplätze für Vögel werden in unserer aufgeräumten Natur immer seltener. In den Wäldern fehlt das Totholz, an modernen Fassaden finden Vögel keinen Platz mehr für ihre Nester. Zwei Naturfreunde aus dem Werdenfelser Land haben deshalb das „Projekt Artenvielfalt“ gegründet. Sie sorgen für Nistkästen in der Stadt und auf dem Land.

Von: Angela Braun

Stand: 20.02.2021 | Archiv

Ein Naturschutz-Projekt im Werdenfelser Land | Bild: BR; Angela Braun

Sven Ott und Joachim Strobel sind meist an Wochenenden im Einsatz. Dieses Mal hängen sie in ihrer oberbayerischen Heimatgemeinde Großweil im Landkreis Garmisch-Partenkirchen rund 30 Nistkästen auf. Es ist höchste Zeit, denn viele Vögel sind schon aktiv und suchen einen geeigneten Platz für den Nachwuchs.  In der Nähe des neuen Spielplatzes haben die beiden an diesem Samstag schon einige Nisthilfen an den Baumstämmen befestigt. Auch am Großweiler Kindergarten steht ein Starenkasten, in den Sträuchern hängt eine Zaunkönigkugel.

Sven Ott (li) und Joachim Strobel vom „Projekt Artenvielfalt“

Sven Ott und Joachim Strobel wollen vor allem Kinder für die Natur begeistern. Dieses Ziel verfolgt auch Frank Bauer, der Bürgermeister von Großweil. Sein Gemeinderat hat schon 2000 Euro für diese Aktion bewilligt. Bauer hofft auf eine Vorbild- Funktion der Gemeinde. Die Form der Nistkästen richtet sich nach den Besonderheiten der Vogelarten: Da gibt es zum Beispiel die Höhlenbrüter wie Haus- und Garten-Rotschwanz und Meisen. Sie brauchen eine weitgehend geschlossene Nisthöhle. Die „Halbhöhle“, wie sie an der Eisstockhütte hängt, eignet sich für Bachstelze und Zaunkönig. Je nachdem, wie groß das Einflugloch ist, nutzen es verschiedene Vogelarten. Joachim Strobel, von Beruf Förster, will mit diesem Projekt ganz unterschiedlichen Arten helfen: Es geht ihm um Nisthilfen für Vögel und Fledermäuse, um Hummel- und Insekten-Kästen, um Wohnraum  für Siebenschläfer und  Haselmaus - nur um ein paar Bespiele zu nennen. Am Giebel der Eistockhütte neben dem Sportplatz hängen zwei Fledermauskästen aus hellem Holz. Diese Kästen werden in den Oberlandwerkstätten in Polling gefertigt. Ob Fledermäuse eingezogen sind, erkennt man am Kot, der dann im Sommer am Boden liegt.

Zwei Fledermaus-Nistkästen an Holzgiebel

Großweil ist ein Dorf an der Loisach mit alten Häusern und Höfen. Dass hier auf dem Land Nisthilfen nötig sind, verwundert schon. Doch an den neuen Häusern und Fassaden haben die Vögel keine Chance, einen Nistplatz zu finden, erklärt Sven Ott. Unter den Dächern werden überall Spatzenbleche verbaut. Da können weder Sperlinge noch Hausspatzen über die Dachrinne unter die Dachplatte hineinschlüpfen. Auch alte, rissige Steinmauern gibt es kaum noch die sich als Brutplätze für Vögel und Eidechsen eignen.

Starenkasten am Zaun des Kindergartens in Großweil

Die Stare sind bereits da. Sie kommen immer in der ersten Februarwoche, erklärt Joachim Strobel, sitzen schon auf ihren Starenkästen und balzen. Ein richtiges Spektakel sei das, und genau richtig, um kleine wie große Zuschauer zu begeistern. Daher haben die beiden Naturfreunde Starenkästen für die Schulen und Kindergärten in Großweil und in Schlehdorf und für das Seniorenheim in Schlehdorf gespendet.   Sven Ott und Joachim Strobel hängen die Nistkästen in privaten Gärten genauso auf wie auf kommunalen Flächen und auf Firmengeländen. Auch da gibt es immer mehr Interessenten, die Geld in den Naturschutz investieren und damit auch Werbung machen. Die beiden Großweiler bieten so genannte Pflegeverträge, sie kartieren die Kästen und kontrollieren auch jedes Jahr, ob und wer hier gebrütet hat. Im Herbst räumen sie die leeren Nistkästen aus, weil sich darin oft Federlinge oder Vogelflöhe aufhalten.

Grundsätzlich kann jeder Garten – und Balkonbesitzer helfen, Lebensraum für Vögel, Insekten und Eidechsen zu schaffen, sagen die Gründer des Projektes Artenvielfalt. Zum Beispiel in einer Ecke im Garten Strauchschnitt liegen lassen oder an einer Stelle das Gras stehenlassen, damit es ausblühen kann. Auch am Balkon kann man Wildbienen-Kästen aufstellen. „Wenn jeder ein bisserl mitmacht, dann sind wir auf dem richtigen Weg“, so das Fazit von Sven Ott.  


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