Tegernseer Bergfilmfestival "50 Jahre Zweitbesteigung Nanga Parbat"
Am 22. Juni 1962 war es so weit: Neun Jahre nach Erstbesteiger Herrmann Buhl standen zum ersten Mal wieder Menschen auf dem Gipfel des Nanga Parbat. Vergangene Woche haben sich drei Mitglieder der Expedition auf dem Tegernseer Bergfilmfestival getroffen.
Anderl Mannhardt, Manfred Sturm und Hubert Schmidbauer sind fit wie eh und je. Dass die drei Expeditionsbergsteiger auch im fortgeschrittenen Alter noch in den Bergen unterwegs sind, ist für sie selbstverständlich. Schließlich ist Bergsteigen „mehr als ein Sport“ - für Anderl Mannhardt, der bei der Nanga Parbat Expedition schwere Erfrierungen an den Füßen davontrug, ist es „eine lebenslange Leidenschaft“.
Erfolg und Tragödie
Mannhardt gehörte 1962 gemeinsam mit Toni Kinshofer und Sigi Löw zur Gipfelmannschaft und erlebte, wie sich der Gipfel-Erfolg der von Karl Maria Herrligkoffer geleiteten Expedition in eine Tragödie verwandelte: Der entkräftete Sigi Löw setzte sich beim Abstieg in eine Schneerinne, um diese auf dem Hosenboden abzufahren. Er war nicht mehr Herr seiner Sinne, unterschätzte die Steilheit des Geländes und blieb schwer verletzt in der Bazhinmulde liegen. Während Anderl Mannhardt weiter abstieg, um Hilfe zu holen, blieb Toni Kinshofer bei Sigi Löw, bis er starb.
Warten auf den Aufstieg
Zu diesem Zeitpunkt hatten Mannhardt und Kinshofer schon mehrere Tage über 7000 Metern hinter sich. Am 20. Juni hatten sie gemeinsam mit ihren drei Kameraden Sigi Löw, Michl Anderl und Manfred Sturm ein Biwak auf 7400 Metern bezogen. Dort drängten sich die fünf Männer in einem viel zu kleinen Biwakzelt. Als sie morgens zum Aufstieg rüsteten, war das Wetter schlecht. Später am Tag brach die Sonne durch die Wolken - es wurde unerträglich heiß im Zelt. Die Männer lagen in Unterhosen nebeneinander, Flüssigkeit war knapp.
Durch tiefen Neuschnee
Den Aufstieg zum Gipfel konnten sie erst am 22. Juni beginnen – doch die Seilschaft dezimierte sich rasch: Michl Anderl stieg noch am Morgen ab, später drehte auch Manfred Sturm um – er spürte starke Schmerzen in seiner Schulter. Kinshofer, Löw und Mannhardt hatten unterdessen mit schlechtem Schnee zu kämpfen – immer wieder brachen sie tief in den vielen Neuschnee ein. Den Gipfel erreichten sie erst am frühen Abend. Erneut mussten die Männer biwakieren, im Abstieg dann: das Unglück Sigi Löws.
Den Gipfel nicht wert...
Manfred Sturm unternahm später mit einigen Trägern einen Bergungsversuch der Leiche – er musste diesen aber wegen schlechter Verhältnisse und der ungenügenden bergsteigerischen Fähigkeiten der Träger abbrechen. Tiefer am Berg versorgte Hubert Schmidbauer seine Kameraden mit Sauerstoff und massierte ihre erfrorenen Füße. Für Anderl Mannhardt war die Expedition ein Misserfolg: „Gut, der Gipfel war dabei aber ein Toter und die beiden anderen mit schwersten Erfrierungen das ist natürlich so ein Gipfel nicht wert.“