Der Brixner Archeopfad in Südtirol Wandern zu Hexenrutschen und Schalensteinen bei Elvas
In den Bergen gibt es viele besondere Plätze, die seit Jahrhunderten, wenn nicht sogar seit Jahrtausenden Menschen zu faszinieren scheinen. Der Archäologe Giovanni Rizzi aus Brixen gräbt in seiner Heimat seit vierzig Jahren und zusammen mit seiner Frau Gertraud Relikte längst vergangener Zeiten aus.
Da lag es dann nahe, dass die beiden vor einigen Jahren einen Weg konzipiert haben, auf dem man zahlreiche archäologische Stätten besuchen kann: Den Archeopfad, der von Brixen aus nach Elvas und weiter zum Vogeltenne-Bühl führt.
Auf dem Archeopfad hoch über Brixen – eine Karte zeigt den Reichtum archäologischer Stätten in dem Gebiet
Elvas ist eine Fraktion von Brixen, die 814 Meter hoch auf dem von Eisack und Rienz umgrenzten Plateau nördlich des Stadtzentrums liegt. Das Dorf ist dank seiner sonnigen Lage von Obstplantagen und Weinreben umgeben und bietet einen grandiosen Blick auf den Brixner Talkessel und die umliegenden Berge. Das während der Eiszeit vor rund 16.000 Jahren entstandene Hochplateau ist der Rest eines alten Talbodens und heute eine knapp fünf Kilometer lange Landinsel. Von der Tätigkeit der Eiszeitgletscher zeugen die vielen Rundhöcker mit ihren Gletscherschiffen, wie der Pinatzhügel, der Elvaser Kopf, der Walderer Bühl und Vogeltenne-Bühl, aber auch viele Granitfindlinge. Zahlreicheprähistorische Funde im Dorf weisen auf eine frühe Besiedlung hin. Rund um Elvas befinden sich mehrere Schalensteine. Der „Bildstein von Elvas“ befindet sich am Südfuß des Pinatzkopfs und zählt zu den reichhaltigsten Bildsteinen im Alpenraum. Bei diesem Felsen handelt es sich um einen Steinblock, in den mehrere verschiedene Schalen und zahlreiche Rillen eingetragen sind.
Astrid Amico sitzt am Boden und kehrt die Kiefernnadeln aus den Schalen eines blanken Felsens auf dem Vogeltenne-Bühl – für sie ein meditativer Vorgang, bei dem sie eine Verbindung zum Stein aufbauen kann. Die Musikerin hat zusammen mit dem Fotografen Martin Ruepp unter dem Titel „Mystische Orte in SüdtiroL“ ein faszinierendes Buch geschrieben, in dem sie besondere Orte ihrer Heimat vorstellt. Mit farbiger Kreide zieht sie nun die Umrisse der Schalen auf dem Stein nach, um sie deutlicher zu machen. Über Jahre hinweg haben die beiden Hobbyarchäologen Kraftplätze gesucht und an vielen Orten gefunden, an denen es auch archäologische Stätten gibt. Hier oben auf dem Vogeltenne-Bühl faszinieren die Schalensteine, unterhalb der Kirche von Elvas sind Nachbildungen römischer Streitwägen in der Nähe antiker Wagenspuren im Felsen zu sehen.
Auf dem Archeopfad liegen die Jahrtausende nur wenige Schritte voneinander entfernt. Unterhalb der römischen Wagenspuren geht es ein paar Schritte in einen Weinberg hinein und durch eine Hecke hindurch zurück in die Steinzeit. Zwischen den Büschen verborgen liegt eine der bekanntesten Fruchtbarkeitsrutschen oder Hexenrutschen der Gegend: die Kreuzplatte. Etwa fünf Meter lang ist die glattpolierte Spur im Felsen. Frauen, die hier herunterrutschen, werde die Seele eines Kindes in den Schoß gegeben, so heißt es. Stehen die regelmäßig angeordneten neun Schalen im Felsen für die neun Monate einer Schwangerschaft? Diente der eigenartig geformte Felsen neben der Rutsche als neolithischer Geburtsstuhl? Das bleibt ein Geheimnis, doch der Ort hat eine mystische Faszination.
Das reich und geschmackvoll bebilderte Buch „Mystische Orte in Südtirol“ von Astrid Amico und Martin Ruepp ist im Raetia-Verlag erschienen und kostet knapp 30 Euro. Viele der mystischen Orte sind auf kleinen Wanderungen gut zu erreichen – ideale Touren auch für den Spätherbst, wenn der Tag schon kürzer ist. Ausgangspunkt für den Archeopfad ist die Adlerbrücke in Brixen. Die knapp sieben Kilometer lange Wanderung mit 280 Höhenmetern dauert gut zwei Stunden und ist auch für Familien bestens geeignet.
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Karte: Elvas