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Der Offa‘s Dyke Path National Trail Weitwandern in Wales

Auf insgesamt 17 Weitwanderwegen, den so genannten „National Trails“, lässt sich das Vereinigte Königreich zu Fuß erkunden. Der Offa’s Dyke Path gilt als einer der schönsten davon. Namensgebend ist ein englisch-walisischer Grenzwall aus dem 8. Jahrhundert. Anlegen ließ ihn König Offa von Mercien.

Von: Thomas Reichart

Stand: 09.08.2024

Der Offa‘s Dyke Path National Trail | Bild: Conor Rushby

Er war der bedeutendste Herrscher in der sogenannten „Heptarchie“, den sieben angelsächsischen Königreichen des Mittelalters. König Offa etablierte laut dem an der LMU tätigen Historiker Dr. Hannes Ziegler eine Oberherrschaft über die anderen Reiche. Daher bezeichnete er sich selbst auch als „Rex Anglorum“, also König der Engländer. Die genaue Funktion seines monumentalen, bis zu acht Meter hohen Walls ist nicht ganz geklärt. Eine bemannte Verteidigungsanlage scheint dem Historiker nicht plausibel, denkbar sei eher eine Grenzmarkierung oder ein Bauwerk zur Machtdemonstration.

Die schönsten Landschaften Großbritanniens zu Fuß entdecken

Pontcysyllte Aquädukt aus der Ferne

Der vor gut 50 Jahren angelegte Fernwanderweg hat zum Ziel, die schönsten Landschaften in England und Wales zu verbinden. Daher folgt der Pfad dem Wall auch nur auf einem kleinen Teil. Path-Officer Rob Dingle, der Wegewart des Offa’s Dyke Path, zählt die „Gebiete von außerordentlicher natürlicher Schönheit“ und die Nationalparks auf, die am Weg liegen: „Von Süden kommend durchquert man erst das Wye Valley, dann kommt der Brecon Beacons National Park, die Shropshire Hills und zuletzt die Clwydian Range, also vier geschützte, spektakuläre Landschaften.“

Antikes Monument in Gefahr

Ausflugsboot und Wanderer auf dem Pontcysyllte Aquädukt

Wo der Weg dem Wall folgt, ist er selbst ein spektakulärer Teil der sanften walisischen Hügellandschaft. Unzählige Schafe weiden in den vielen kleinen Parzellen, die durch Trockensteinmauern oder Hecken voneinander abgetrennt sind. Diese Beweidung ist Fluch und Segen zugleich für den Wall. Denn einerseits halten die Tiere den Bewuchs auf dem geschützten historischen Monument klein, andererseits düngen sie es und sorgen zudem für Erosion. Aber auch Wanderer selbst beschädigen den Wall, denn dort, wo man sich mit den Anliegern nicht auf eine Wegführung einigen konnte, verläuft der Weg direkt auf dem Monument. Ein weiteres Problem ist, dass Dachse König Offa‘s Wall mit ihren Höhlen untergraben.

Der Walisische William Wallace

König Offa ist aber nicht die einzige spannende, historische Figur, der man auf dem Weg begegnet. Der walisische Adelige Owain Glyndwr zettelte um 1400 eine Rebellion gegen die Engländer an und ließ sich zum „Prince of Wales“ ernennen. Ein Titel, der heute dem englischen Thronfolger zusteht. Die berühmte Schlacht von Bryn Glass oder Pilleth fand ganz in der Nähe des Weges statt. Rob Dingle erzählt die Legende, nach der es Glyndwr schaffte, die englischen Bogenschützen auf seine Seite zu ziehen. Ob er sie vorab bestochen hatte oder ob die Schützen spontan die Seiten wechselten, als der Kampf für sie aussichtlos erschien, ist nicht überliefert.

Fast ein Jahrzehnt forderte Glyndwr, der als einer der ersten „Guerrilla-Taktiker“ gilt, die mächtigen Nachbarn heraus. Im 19. Jahrhundert wurde er deshalb zum Symbol des walisischen Nationalismus, ähnlich wie William Wallace in Schottland. Anders als dieser wurde der Waliser aber nach seiner finalen Niederlage nicht hingerichtet, denn trotz hohem Kopfgeld wurde er nie verraten und stirbt, den historischen Berichten nach, eines natürlichen Todes.

Fernwanderwege ohne Ende

Owain Glyndwr ist auch ein eigener Fernwanderweg gewidmet. Dieser kreuzt den Offa’s Dyke Path bei Knighton, einem schönen Städtchen, das auch das Besucherzentrum für den Offa’s Dyke Path beherbergt. Nicht überall auf den zwölf Etappen liegen Ortschaften und damit Unterkünfte aber so direkt am Weg. Oftmals bieten Pensionen daher Shuttles vom und zum ganzjährig begehbaren Wanderweg an.

Lohnende Abstecher vom Weg

Schafe Scheren hautnah

Eine großartige Gelegenheit das ursprüngliche, ländliche Großbritannien kennenzulernen sind die Landwirtschafts-Shows, die im Sommer regelmäßig stattfinden. Auf diesen stellen Bauern ihre Tiere und Produkte aus, für viele das Highlight im Jahr. Von Gemüsearrangements über kuschelige Kaninchen und stattliche Zuchtbullen bis hin zu einem Schafscher-Wettbewerb oder einer Hütehunde-Show ist für jeden Geschmack etwas dabei. Insbesondere Kinder dürften ihre Freude an diesen Events haben.

Geheimtipp Wales

Dass man sowohl auf den Wegen als auch bei den Shows überwiegend Einheimische trifft, kommt nicht von ungefähr. Noch ist Wales ein Geheimtipp auf der Insel. Nur rund eine Million ausländische Touristen besuchen Wales pro Jahr. Zum Vergleich - allein London zieht mehr als 20-Mal so viele an. Daher geht es in Wales auch eher beschaulich zu, selbst an einer UNESCO-Weltkulturerbe-Stätte wie dem Pontcysyllte Aquädukt. Das über 200 Jahre alte Bauwerk führt in knapp 40 Metern Höhe über den River Dee und ist das höchste schiffbare Aquädukt weltweit. Die schmalen Kanalboote, sogenannte Narrowboats, die auf dem Aquädukt fahren, transportierten damals Erz und Kohle. Mit dem Aufkommen der Eisenbahn verloren sie an Bedeutung. Heute werden sie überwiegend als Ausflugs- oder Hausboote verwendet.

Angeln mal anders

Damit die Boote problemlos ihre Bahnen im Kanal ziehen können, muss dieser in Schuss gehalten werden. Diese Aufgabe fällt dem Canal & River Trust zu, einer gemeinnützigen Organisation, die 2000 Meilen Flüsse und Kanäle auf der Insel verwaltet und dabei auf die Arbeit von tausenden Freiwilligen setzt. Jude hilft mit ihrem eher ungewöhnlichen Hobby: Magnetfischen. Dabei wird ein starker Magnet an einem Seil in den Fluss geworfen und Metallschrott herausgezogen: von Einkaufswägen über Fahrräder bis hin zu Pistolen landet so einiges im Wasser. In seltenen Fällen ist auch Wertvolles dabei, wie der Goldring auf einem Metallbolzen den Judes Kollege aus dem Wasser zog. Solche besonderen Funde werden dann auf der Facebook Seite der Martineers Magnetfisher veröffentlicht, in der Hoffnung, dass sich der rechtmäßige Besitzer findet.


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