Sieben Tannen und ein Psychogramm Das Sorgen-weg-schreib-Häusl an der Isar
Es soll eine „Ladestation für Seele, Körper und Geist“ sein - das Sorgen-weg-schreib-Häusl in den Isarauen. Diesen etwas eigenwilligen Unterstand gibt es schon seit Jahrzehnten - mit Sitzkissen und Tischchen und leeren Heften, in die Besucher ihre Sorgen schreiben können. Wer in bereits vollen Heften blättert, erfährt was die anderen Menschen bewegt. Manche kommen bewusst hierher, um an diesen Ort ihre Probleme niederzuschreiben, andere entdecken das einzigartige Häuschen zufällig auf einer Radtour entlang der Isar.
Fahles Licht, Laub auf den Radwegen und kalter Wind. es herrscht Novemberstimmung an der Isar.
Handschuhe braucht man schon beim Radeln und am besten auch eine Mütze. Dort wo – wenn es warm ist - halb München radelt, ist um diese Jahreszeit kaum etwas los, hier nördlich von München beim Poschinger Weiher, einem beliebten Bade- und Picknicksee im Sommer. Nicht weit vom Poschinger Weiher, zwischen sieben Tannen mitten im Wald der Isarauen kann man es leicht übersehen, das Sorgen-weg-schreib-Häusl. Wenn die Fotografin Christine Hoheneder an der Isar unterwegs ist, dann geht sie immer hier vorbei. Ein ganzer Stapel Hefte liegt da, vollgeschrieben mit Sorgen und Gedanken der Wanderer und Spaziergänger.
Gebaut hat das Häusl Walter Hofstetter, ein Polizist aus Freimann, in den 1960er- Jahren. Als Treffpunkt zum Feiern und Baden für die Familie und für Freunde hat er es damals genutzt. Heute lädt das weiß getünchte und überdachte Häuschen, das einer Bushaltestelle ähnelt, mit zwei kleinen Tischen und bunten Sitzkissen die Vorbeikommenden zum Verweilen ein - und zum Aufschreiben ihrer Ängste, Nöte, Bitten oder auch Danksagungen – fast wie in einer Kirche.
Da ist zum Beispiel zu lesen: „Gerne möchte ich meine Krankheit auf diesem Blatt liegenlassen. Dass ich diese Last von mir schreibe und sich alles wieder zum Besseren wendet. Dankbar bin ich den Erbauern“. Oder: „Wir finden die Idee super mit dem Häusl. An diesem Ort haben wir uns verliebt und jetzt auch geheiratet“. Und: „Ich lasse meine Rückenschmerzen hier!“
Nicht nur ihre Sorgen lassen die Leute hier in dem kleinen offenen Wohnzimmer an der Isar, auch Kerzen, Figürchen, Steine und Bücher. Heute stellt die Künstlerin Christine Hoheneder ihr neues Fotobuch mit Münchner Engeln und Gedichten dazu, als Trostbuch für die anderen Besucher. Auf dass große Sorgen kleiner werden und kleine ganz verschwinden, so lautet die Widmung. Sorgen los werden an der Isar - eine gute Idee, egal ob bei einer Wanderung oder einer Radtour im November. Das tut einfach gut – und das Draußensein in der ruhigen Natur tut ein Übriges.
Das Sorgen-weg-schreib-Häusl liegt direkt neben dem Fahrradweg hinter einem Schlagbaum, von Süden aus gesehen links neben dem Weg kurz vor dem Poschinger Weiher. Zu Fuß ist es vom Parkplatz am Poschinger Weiher aus zu erreichen. Man läuft in Unterföhring Richtung Isar und dann eine Böschung hinab zum Rad- und Fußweg entlang der Isar, folgt dem Weg ein Stück in Richtung München, bis man rechts sieben hohe Tannen sieht. Das Häusl selbst ist mit Efeu überwuchert und kann zwischen den Bäumen am Isarufer leicht übersehen werden. Also, genau hinschauen, damit man dieses wirklich ungewöhnliche Ausflugsziel nicht übersieht. Der Besuch lohnt sich!
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Karte: Poschinger Weiher