Unterwegs zwischen Zirmpesto und Bergspeck Der Proveiser Almenweg am Deutschnonsberg
Unsere liebe Frau im Walde, Laurein, Proveis – ist das noch Südtirol oder doch schon Trentino? Da muss man schon mal kurz überlegen. Das Val di Non, das Nons-Tal, gehört zum Trentino, die genannten Orte aber bilden den Deutschnonsberg, einen nahezu vergessenen Zipfel im Südwesten von Südtirol, jenseits von Gampenpass, Mendelpass und Hofmahdjoch.
Diese Region war noch bis vor kurzem stark von Armut und Abwanderung geprägt und hat sich aufgrund der geographischen Lage schon immer zum Trentino hin orientiert. Doch vor wenigen Jahren hat sich das mit dem Bau der Straße vom Ultental über das Hofmahdjoch nach Proveis geändert. Seitdem hat sich hier ein sanfter, entschleunigter Tourismus entwickelt. Wer also Stille und Beschaulichkeit in Kombination mit Gaumengenüssen sucht, der ist auf dem Proveiser Almenweg gut aufgehoben.
Gut gemachte Info-Blöcke
Vom Parkplatz am knapp 1.800 Meter hochgelegenen Hofmahdjoch geht es auf der einen Seite hinauf zur Laugenspitze und auf der anderen Seite an den Hängen des kahlen Kornigl zu den drei Almen des Proveiser Almenwegs. Alle liegen in Südtirol, zwei aber sind italienisch, was schon an der Architektur zu sehen ist: viel Stein, weniger Holz und insgesamt flacher und pragmatischer gebaut.
Als erste Alm liegt die Malga di Cloz am Weg
Raffaele Floretta bewirtschaftet mit seiner Familie die Malga Cloz, die Klozner-Alm. Aus der Milch der 38 Kühe werden zwei Käsesorten hergestellt: der Casolet, ein Weichkäse, und der Nostrano, eine Art Bergkäse. Nächste Station ist die ebenfalls italienisch geprägte Revò-Alm. Sie liegt unter der Kette der Maddalenen mit Kornigl, Hochwart, Mandelspitze und Korbspitze – alles lohnende Gipfelabstecher, die in einem halben Tag zu machen und dann mit einer Einkehr auf der Revò-Alm zu beschließen sind, um sich dann bei Veronika Lang mit Knödel, Gulasch oder Polenta zu stärken.
Der Tisch ist schon gedeckt
Ab Ende September steht im Proveiser Tal der Radicchio, der hier angebaut wird, im kulinarischen Fokus. Die Radicchio-Wochen sind auch für die Almwanderer ein Geheimtipp, gibt es zum Beispiel mit Hackfleisch gefüllten Radicchio, Radicchio-Omelett mit Frischkäse und Speck, Radicchio-Lasagne und vieles mehr.
Auf der dritten und einzigen Südtiroler Alm, der Unteren Kesselalm, gibt es bei Heidi Berger noch eine andere Spezialität: Spaghetti mit Zirmpesto – sozusagen eine kulinarische Hommage an die Südtiroler und italienische Almkultur, denn Spaghetti sind italienisch, der Pesto aus jungen Zirbennadeln südtirolerisch, wenn auch gewöhnungsbedürftig aufgrund seines leicht pechigen, harzigen Geschmacks. Und wie der Zirmpesto die Geschmäcker spaltet, so scheiden sich auch am Klang der Kuhschellen die Geister, denn die Südtiroler Schellen klingen melodischer als die eher blechernen italienischen Schellen. Wie was klingt, das können die Wanderer auf dem Proveiser Almenweg auch an einer der insgesamt 14 Info- und Erlebnis-Stationen ausprobieren.
Nächste Etappe auf dem Proveiser Almenweg
Über Waldweiden und durch lichten Lärchenwald führt der Proveiser Almenweg an den Relikten des ehemaligen Erzabbaus vorbei – und über die Judikarienlinie, wo die Adriatische Platte auf die Kontinentalplatte trifft. Gut zweieinhalb Stunden sind es von der Unteren Kesselalm nach Proveis, denn es müssen viele kleine, einsame Tobel ausgelaufen werden. Das zieht sich, lohnt sich aber!
Am Friedhof von Proveis
Nach rund vier Stunden ab dem Hofmahdjoch ist das schmucke Bergdorf Proveis erreicht. Am Dorfplatz befindet sich das „Bergladele“, und nur hier gibt es den würzigen und sehr aromatischen Proveiser Bergspeck zu kaufen. Wer bei seinem Bummel durch Proveis genau hinhört, der wird bemerken, dass hier ein eigenwilliger Dialekt gesprochen wird, den oft auch die Südtiroler aus den angrenzenden Regionen nicht verstehen. Auch die Mentalität der Proveiser ist ein wenig speziell im Sinne von eher scheu und etwas weltfremd aufgrund der jahrhundertelangen Abgeschiedenheit, sagt Josef Moser, der schon seit bald 60 Jahren in Proveis lebt und zum Chronisten der Region wurde. Weil die Proveiser von den Bajuwaren abstammen, wird ihnen bis heute auch eine gewisse Sturköpfigkeit nachgesagt ...
Zurück zum Hofmahdjoch geht es von Proveis mit dem Bus – der letzte fährt um 16.50 Uhr. Die Almen haben in der Regel bis Allerheiligen geöffnet.